Weiter geht’s mit unserem Roadtrip entlang der Costa Verde Brasiliens, dieses Mal Richtung Ilha Bela, unsere nächste Inseldestination. Das Schöne am Roadtrip: Man hält spontan da an, wo’s schön ist. Beim Vorbeifahren lacht uns der Boiçucanga Strand an und Udo springt gleich mal eine Runde ins Wasser. Danach geht es weiter gen Küstenanleger. Doch zuvor dürfen wir durch Zufall noch ein schönes Highlight erleben. An der kurvigen Gebirgsstraße erhasche ich durch die Bäume einen kurzen Blick auf einen schönen Strand und nach der nächsten Kurve entdecken wir schon das Schild mit dem Pfeil in diese Richtung mit dem lustigen Strandnamen Toque-Toque-Grande. Während ich noch kurz überlege, ist Udo schon fünf Kurven weitergefahren, fragt, ob wir umdrehen sollen, sieht mein Gesicht, und macht direkt kehrt 😄 Und so kommen wir ganz unverhofft zu einer urigen Bucht und erleben dabei auch noch einen der schönsten Sonnenuntergänge überhaupt.
Nachdem die Sonne vollends am Horizont verschwunden ist, setzen wir unseren Weg fort und gelangen ziemlich einfach zum Fähranleger, der uns beide inklusive Auto für 20 Reais (ca. 5 Euro) rüber auf die Ilha Bela bringt – und später ohne weitere Kosten auch wieder zurück, wie wir am Ende erfahren.

Ilha Bela
Die Ilha Bela (= schöne Insel) wird ihrem Namen ganz gerecht. Unsere Pousada, wie die meisten Unterkünfte in Brasilien heißen, ist vergleichsweise nett. Zumindest der Außenbereich mit schönem Pool, wo wir unsere Ankunft erstmal mit einem Bier und dem Blick auf den funkelnden Sternenhimmel zelebrieren.

Exotischer Moment: Am nächsten Tag auf Essenssuche Richtung Ortsmitte entdecken wir ganz beiläufig beim Überqueren einer Brücke ein großes braunes Tier auf der einen Seite am Wasser. Erst denke ich, dass es ein Felsen ist, aber als es sich bewegt und sich von allen Seiten zeigt, sieht es aus wie ein riesengroßes braunes Meerschweinchen. Dank Google finden wir schnell heraus: Es ist ein Capybara, ein Wasserschwein und das größte Nagetier der Welt! Ha, einfach mal gesehen, beim Vorbeilatschen auf dem Weg zum Restaurant. Für solche Momente reist man um die Welt. Danke Brasilien 😍
Exotisch geht es auch weiter, als wir im Supermarkt eine Frucht entdecken, die gleichermaßen an einen Samen und Marge Simpsons Frisur erinnert.
Und von der Pracht der Blütenfarben an den Straßenrändern sind wir wieder einmal komplett geflasht. Dafür weniger vom Restaurantangebot und den dazugehörigen Preisen. Zusammengefasst: Fleischlastig und teuer. Zuvor haben wir uns über ein üppiges all-you-can-eat Buffet für ungefähr fünf Euro gefreut (Brasiliens typisches Buffet Livre), somit tun wir uns jetzt ganz schön schwer, wenn uns in einem simplen Restaurant das einfachste Gericht der Karte – Nudeln mit Tomatensoße – für 20 Euro aufwärts angeboten wird. Eine Preisschere, an die wir uns in Brasilien noch werden gewöhnen müssen.

Adventure time
Wir fahren zu einem der Wasserfälle, die man recht gut mit dem Auto erreichen kann – wer hat, der kann, hehe 😉 – und sind so mittelmäßig hingerissen von dem herabfallenden Nass. Ok, es ist auch schwierig für alles Nachfolgende, nach den gigantischen Wasserfällen von Iguazú, die wir vor kurzem erst bestaunen durften. Zum Glück erfahren wir von den Leuten vor Ort, dass es 200 Meter die Straße hoch noch ein viel tolleres Areal gibt. Ha, na sowas, das hat Google nicht verraten!
Und viel mehr finden wir hier etwas nach unserem Geschmack: mit den Füßen rein, aufpassen, dass man nicht abrutscht und mit den Fluten direkt den Abhang hinuntermacht, und felsige Formationen zum Rumklettern. Wir geraten so in Laune, dass wir uns auch an waghalsigere Übergänge von Fels zu Fels trauen. Also solche, wo man sich vorher überlegen muss, ob und wie man den Sprung zum nächsten Felsen schafft. Dazwischen die reißenden Wassermassen. Herrlich, wenn der Adrenalinspiegel ein bisschen hoch geht und vom Dopaminflash abgelöst wird, wenn’s geklappt hat.
Für das kleine Abenteuer bezahlen wir allerdings einen Preis: Zwar schaffen wir es wohlbehalten auf alle Felsen, dafür löst sich eine unserer Thermotrinkflaschen beim letzten Sprung vom Rucksack und verabschiedet sich für immer in die vorbeiziehenden Fluten. In so einem rasanten Schwung trägt das Wasser sie davon, dass wir nicht die geringste Chance haben hinterher zu kommen. Ärgerlich und schade, aber immerhin nur die Flasche und nicht einer von uns …
Abendsonne am Meer
Das nächste Abenteuer führt uns an der Küste entlang Richtung Südseite der Insel Ilha Bela. Da man eh nur die vordere Längshälfte der Insel befahren kann, wollen wir soweit fahren bis der Weg zu Ende ist. Zum Sonnenuntergang halten wir ab und zu an der Straße an und genießen den traumhaften Blick über das Wasser in der Abendsonne. Bei einem Stopp sehen wir sogar eine handvoll große grüne Papageien im Baum sitzen. Unverkennbar in ihrem Zwitschern. Das ultimative Exotikgefühl 🥰
Glühwürmchen Alarm
Die Küstenstraße ist zwar irgendwann zu Ende, aber laut Karte soll der Weg noch weiter gehen. Und so verlassen wir die befestigte Straße und führen unseren Erkundungstrip auf der staubigen Ruckelpiste durch den Wald fort. Hehe, nach den Touren durch den Krüger Nationalpark in Südafrika im kleinen Toyota macht uns kein Weg mehr so schnell Kopfzerbrechen. Zumindest Udo nicht. Der navigiert souverän durch jedwedes Gelände. Ob engste Gässchen, die gefühlt rechts und links nur zwei Zentimeter Abstand zwischen Seitenspiegel und Steinmauer haben, bis hin zu unwegsamen Waldwegen, bei denen nicht klar ist, ob das Auto sie packt ohne größeren Schaden zu nehmen. So wie jetzt. Und das noch im Dunkeln. Schluck.
„Wenn du willst, drehen wir um“, meint Udo an der einen oder anderen Stelle, als er bemerkt, dass mir ganz schön mulmig wird. Ja klar, damit ich der Schissi bin, denke ich mir. Nö. Ich muss ja nicht fahren. Ist von innen abgeschlossen? Gut. Geht weiter.
Bis zum scheinbar wirklichen Ende des Weges nach ein paar Kilometern. Um die Schilder lesen zu können, steigen wir aus und ich leuchte uns mit der Handytaschenlampe.
Anna: Oh, da drüben fliegt ein Glühwürmchen vorbei, wie schöööön.
Udo: Und total hell.
Anna: Es kommt wieder zurück, guck mal. Ooooohhh. Oh. Ganz schön nah. Hilfe, das ist ja groß. Warte mal, äähhh…
Udo: Das fliegt zu deinem Handy. Das denkt du bist auch ein Glühwürmchen.
Zack. Wieder im Auto drin. Tür schnell zu. Hui, das war ja ein Oschi. Und irgendwie ist es gar nicht so lustig im dunklen Wald rumzustehen und erst die Ausmaße vom fliegenden Insekt zu erkennen, wenn es schon in Armlänge auf Kopfhöhe ist.
Von drinnen leuchtet es sich eindeutig angenehmer. Und der Waldweg war eh zu Ende. Tatsächlich scheinen die Glühwürmchen das Handylicht für ihresgleichen zu halten. Oder zumindest für etwas Attraktives, denn eines marschiert ganz motiviert auf unserer Windschutzscheibe auf und ab. Das gibt uns die Gelegenheit mal genauer hinzuschauen. Echt ein Brummer. Kein Vergleich zu den mini Glühwürmchen in Deutschland. Bestimmt um die vier Zentimeter lang ist das hier. Und es leuchtet neon grüngelb unten am Bauch und oben am Kopf. Das wussten wir vorher auch noch nicht. Bio-Stunde bei Nacht im Wald in Brasilien. Zum Glück sind wir zu zweit. Alleine wär mir hier schon heiß und kalt geworden…

Nach der kleinen Aufregung kommt uns der Rückweg direkt langweilig vor, als wir die Straße wieder erreichen. Um den abenteuerlichen Tag noch gebührend ausklingen zu lassen, speisen wir herrlich zu Abend im tollen Restaurant All Mirante, das wir auf dem Hinweg entdeckt haben, und das tagsüber ein herrliches Meerpanorama bietet. Das sehen wir jetzt nach Sonnenuntergang zwar nicht, dafür hören wir das Rauschen der Wellen beim Cocktail Schlürfen umso besser.

Der Vollständigkeit halber fahren wir am letzten Tag noch die Nordseite der Insel entlang, erhalten noch ein paar schöne Ausblicke über die Küste und sehen einige unfassbar große Agaven direkt an der Straße. In Sachen pflanzliche Dimensionen legt Brasilien in Größe, Farbe und Vielfalt echt nochmal eine Schüppe mehr drauf als die Länder bisher.
Back to Mainland
Auf der Fähre. Udo: Merkste schon, dass wir fahren? Mein Blick geht nur auf die Rückseite eines Bier LKWs. Nö. Udo: Wir fahren! Haben schon 50 Meter und ne 90 Grad Kurve gemacht!
Fast als Letzte haben wir gerade noch so einen kleinen Slot auf der Fähre erwischt, nachdem wir in 5-spuriger Warteschlange die letzten 38 Minuten verbracht hatten. Ohne weitere Kosten bringt uns die Fähre inklusive Auto zurück zum Festland und unser „grüner Weg“ geht weiter Richtung Paraty.
Die historische Küstenstadt Paraty ist ein Vorzeigebeispiel für die Schönheit und Kultur des brasilianischen Küstenlebens und wurde uns schon Monate vorher von anderen Reisenden empfohlen. Die Stadt bietet eine Mischung aus historischem Charme, toller Natur und entspannter Atmosphäre und liegt etwa 250 Kilometer südwestlich von Rio de Janeiro.
Der grüne Weg
Auch hier gehört der Weg schon zum Ziel. Wir fahren an Straßenschildern vorbei, die lustig klingende Orte ankündigen wie Tabatinga oder Ubatuba. Auch unsere Zwischenstopps sind immer wieder der Knaller. Gedacht als kurze Pipipausen lockt uns die reiche Natur doch meist länger aus dem Auto, als wir eigentlich wollten. Einmal, um die Füße kurz ins Wasser zu halten – und dann von den Wellen bis zum Gürtel nass zu werden 😂
Einmal, um nur kurz zum Wasser zu schauen, und dann etliche Vögel und eine riesige Schar Rosalöffler zu entdecken 😳 Die ulkig aussehenden Vögel (Udo erkennt sie gleich und weiß auch noch den Namen) geben mit ihrem löffelartigen Schnabel wirklich ein bizarres Bild ab. Zu unserer großen Freude sind sie nicht so scheu wie zuvor die Flamingos in Bolivien, die oft schon die Flucht antreten, noch bevor die Kamera richtig scharf gestellt ist.
Paraty
Schließlich erreichen wir nach Sonnenuntergang die Stadt Paraty. Wir biegen von der Hauptstraße ab und befinden uns sofort in einer engen Gasse mit grobem Kopfsteinpflaster und Hauswänden bis direkt an die Straßenkante. Am Ende der Gasse an der engsten Stelle erkennen wir das Schild zu unserer Pousada. Natürlich ist jede Parklücke bis dahin schon besetzt. Mit etlichem Rangieren quetschen wir uns mühsam in eine viel zu kleine Lücke. Auch, wenn wir noch viel zu weit auf dem Weg stehen, muss das so bleiben. Besser geht es gerade nicht. Als wir mit unseren Koffern unterm Arm das Gelände der Pousada betreten, empfängt uns dann als erstes: ein riesen Parkplatz! Na toll. Zum Glück haben wir gerade 10 Minuten lang versucht, einigermaßen einzuparken… 😒
Am nächsten Morgen zieht es uns dann schon ganz früh aus dem Haus, weil wir uns die morgendliche Atmosphäre hier in Paraty ganz besonders vorstellen. Volltreffer! Paraty ist der bisher schönste Ort in Brasilien. So ruhig, so friedlich am Morgen. Bunte Vögel, ein paar Jogger, ab und zu ein Fisch, der aus dem Wasser springt. Die vielen bunten Boote im Kanal, die Kolonialhäuser, die rumlaufenden Kätzchen. Ein bisschen Yoga und Sport. So darf der Tag losgehen.
Wir erkunden die Gassen und Straßen der historischen Altstadt, essen unsere erste (von noch seeehr vielen weiteren) Açai Bowls und legen eine Arbeitssession mit Mittagessen am Strand ein. Dabei dürfen wir erfahren, dass man unter brasilianischem Himmel auch bei dicker Wolkendecke einen ordentlichen Sonnenbrand kriegt.
Aber das nimmt man in Kauf, wenn man im Sommer an den schönsten Stränden Brasiliens sein möchte…
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