workation Diary

#39 „A la orden!“

Wir sind zurück in Kolumbien. Man hört‘s schon 😄
Es heißt wieder „A la orden“ (zu Diensten) an jeder Ecke. Vier Monate zuvor haben wir bereits den südlichen Teil dieses riesigen Landes besucht und unseren Reiseweg dann weiter gen Süden nach Peru und Bolivien fortgesetzt. An Brasiliens Atlantikküste entlang ging es anschließend wieder Richtung Norden und schließlich zur Karibik.

In der Stadt Cartagena an der karibischen Küste hören wir nach langer Zeit mal wieder Lieder, die wir kennen, zu denen wir mitsingen können. Dazu kommen Salsa-Klänge aus allen Richtungen; meistens nicht mal zu laut. In Unterkünften sind die ausgeschriebenen Infos auf englisch, auch das Personal ist mehrsprachig. Es gibt wieder Bücherecken. Direkt vor der Haustür unseres urigen Hostels Los Patios empfängt uns ein Meer aus Farben und Klängen. Herrlich, da ist doch die Energie gleich wieder da 💃🏼

Ich freue mich, wieder im Land zu sein. Seit 15 Jahren habe ich im Sinn, hierher zu kommen. Hierhin an die Karibikküste Kolumbiens. Cartagena, Santa Marta, Tayrona – bisher klangvolle Sehnsuchtsorte ohne Gesicht. Das ändert sich jetzt.

Außerdem ist es angenehm, nach so vielen neuen Eindrücken aus Monaten des Unterwegsseins auch mal etwas wiederzuerkennen. Vor allem beim Essen 😋 Patacones, Hogao, Arepas, Grenadillas (meine Lieblingsfrucht 🥰) … Und unsere in Brasilien liebgewonnen Açai Bowls gibt’s hier auch. Yum.

UND: Ich kann wieder kommunizieren!!! 🤩 Vorbei die Zeit von Pantomime und Google Translate, weil meine Spanischkenntnisse im portugiesisch-sprachigen Brasilien so hilfreich waren wie in China. 

UND: Wir finden gleich wieder leckere Restos mit vegetarischen Optionen. Und das Essen wird wieder hübsch angerichtet. Dazu tolle Unterkünfte, sobald man auf Booking schaut. Auch noch mit tollem Preis-Leistungs-Verhältnis (meistens 😂). Das ist doch zum Freuen.

Hach, Kolumbien und ich, wir zwei matchen. Wäre ich alleine unterwegs auf dieser Reise – ich wäre womöglich in Kolumbien gleich ganz hängen geblieben 😅 Die hohen Temperaturen der Karibik machen mir nach Wochen in Brasiliens Hitze auch nicht so viel aus, wie gedacht  – zum Glück. Wir lernen passenderweise auch gleich zwei weitere leckere Erfrischungen kennen: Meinen neuen Favoriten an Sommerdrinks: Soda mit Lychee Syrup und Rose; sowie Affogato: Vanilleeis mit einem Espresso drüber. Knaller!

Cartagena, du Perle

Fußläufig von unserer Unterkunft entfernt liegt die wunderbare Altstadt Cartagenas und der Grund, warum es die Leute, inklusive uns, hier überhaupt herzieht. Sie ist ein pulsierendes Viertel voller Geschichte, Kultur, Kunst und Charme und eine der absolut schönsten Städte Lateinamerikas, wir können es kaum erwarten, uns selbst ein Bild davon zu machen. 

Vor allem die gut erhaltene koloniale Architektur aus dem 16. Jahrhundert begeistert uns und viele Andere: Die Gebäude sind farbenfroh und wunderbar geschmückt von schmiedeeisernen Balkonen, von denen die buntesten Blüten in üppiger Pracht hinunter ranken. Die gewundenen Gassen und zentralen Plätze spiegeln zudem die reiche Kultur und Geschichte der Stadt wider. Wo man hinschaut, reiht sich ein Fotomotiv ans andere. Einfach durch die Gassen zu schlendern und den Blick schweifen zu lassen bietet ein Unterhaltungsprogramm für Tage.

Man glaubt es nicht!!!

Gesättigt von den vielen Eindrücken der bezaubernden Altstadt machen wir uns irgendwann zurück Richtung Hostel und nehmen als Abkürzung den Weg durch den kleinen Park. Erst sehe ich ein paar kleine Äffchen mit dunklen Gesichtern uns weißer Fokuhila-Frisur. Dann ein paar große grüne Papageien, die genüsslich einen abendlichen Snack vor uns einnehmen. Wir geraten schon ganz aus dem Häuschen vor Begeisterung 😃

Und dann kommt etwas, mit dem wir nie und nimmer gerechnet hätten: FAULTIERE! Mitten im Park in der Stadt! Und nicht nur, dass sie einfach im Baum sitzen und schlafen, wie die meiste Zeit des Tages. Nein, sie schmeißen sich auch noch in Pose und bieten uns ein Highlight nach dem anderen zum Staunen.

Die Tiere sind die absoluten Kletterkünstler. Vollkommen mühelos und so, als ob es keine Schwerkraft gäbe, bewegen sie sich geschmeidig von Baum zu Baum. Kein Wackeln, kein Abrutschen, keine hektischen Bewegungen. Pure muskulöse Eleganz – und das oft über Kopf und mit ihrem bekannten Lächeln im Gesicht. Wir sind vollkommen geflasht.

Und dann kommt es noch krasser: Wir sehen sogar eines mit Baby auf dem Bauch! Oh mein Gott, wir können unser Glück kaum glauben. Schützend hält die Mama immer wieder die Hand über das Baby. Ab und zu darf es aber auch mal vom Bauch weg klettern und bewegt sich sogar ein bisschen schneller als die Mama 😉 Genial. So nah und so gut bekommt man die Tiere sonst einfach nicht zu Gesicht und schon gar nicht mit Nachwuchs. Sonst kann man vielleicht mal einen dunklen Schatten weit oben im Baum erkennen, aber niemals so im Detail.

Und schließlich kommt es ganz dicke: Ein Faultier klettert von einem Baum runter und überquert in aller Ruhe den prall gefüllten Weg, auf dem sich schon eine Traube Touristen mit gezückten Handykameras gebildet hat. Es scheint sich nicht beirren zu lassen, von so vielen Füßen, Kameras und aufgeregtem Gegacker umgeben zu sein. Der Wahnsinn.

Faultiere sind am Boden besonders verletzlich und angreifbar: Im Baum wie ein Fisch im Wasser, bewegen sie sich am Boden eher wie ein Fisch an Land. Sie kriegen zwar Luft, aber ihr Element ist es ganz und gar nicht. Kläglich kriechend auf Ellbogen und Füßen, die Krallen mehr im Weg als hilfreich, kommen sie nur beschwerlich vom Fleck. Entsprechend ist der „Gang“ über den Boden eher eine Ausnahme als die Regel für sie – umso erstaunlicher, dass sie dies vor aller (Touristen-)Augen nicht abhält. Und mit welcher Leichtigkeit das Tier wieder den Baum hochklettert. Es kommt ja nicht gerade mit sportlicher Taille und geschickten Sportlerhänden daher, aber der plumpe Eindruck täuscht total! So ein Talent beim Klettern ist überaus erstaunlich.

Schließlich bereitet die zunehmende Dunkelheit unserem Besuch irgendwann ein Ende. An ein Sattsehen der Tiere ist überhaupt nicht zu denken. Besonders lustig zum Abschluss ist auch noch ein Bild, wo ein Faultier ganz weit oben am höchsten Punkt einer Palme sitzt. „Das ist doch eine Plastiktüte im Wind, die da festhängt“, mein Udo. So sieht es auf ersten Blick auch aus. Aber nein, auch das ist ein Faultier. Das chillt eben da oben in hohen Lüften. Was denn sonst?! 😝


Ein Wort der Bewusstheit

Mitten in der Stadt in einem recht kleinen Park vergleichsweise viele Faultiere zu sehen, ist nicht „normal“, das war uns irgendwie klar. Später haben wir erfahren, dass die Tiere aus dem Regenwald gefangen und dort ausgesetzt wurden, um mehr Touristen anzulocken und über sie an Geld zu kommen.

Außerdem sei das freundlich lächelnde Gesicht der Faultiere nicht gleichzusetzen mit guter Stimmung. Zwar erwecken sie gerne mal den Eindruck, als hätten sie gerade was geraucht und seien entspannt gut drauf. Aber das täuscht und ihnen ist der Stress von außen nicht unbedingt anzusehen.

Zwar haben wir hier nicht miterlebt, dass die Tiere angefasst oder sogar auf den Arm genommen wurden. Trotzdem geht tierfreundlich sicher anders, als in großen lauten Touri-Gruppen sehr nah an sie heran zu kommen. Vom Entreißen aus ihrem natürlichen Habitat mal ganz abgesehen.

Über den richtigen Umgang mit (wilden) Tieren dürfen wir uns – besonders als Touristen – sehr bewusst werden und entsprechend unser eigenes Verhalten anpassen. Insofern hatten auch wir in Sachen Tierschutz nicht unseren glanzvollsten Moment, waren Teil der gaffenden, gackernden Masse und ließen uns von unserer Begeisterung mitreißen. Für ein paar neckische Urlaubsfotos hat manches (oder vieles) Tier ein wirklich schlechtes Leben, das haben wir viel zu oft selber gesehen. Ob das auch auf genau diese Faultiere zu trifft, wissen wir nicht genau. Aber was mit ihnen vor und nach unserem Besuch geschieht, eben auch nicht.


Exotische Momente

Auf dem Heimweg entdecken wir an einem Straßenstand noch einen Snack, den wir so auch noch nirgends gesehen haben: Ei!
Udo bestellt sich gleich mal eins „con todo“ (mit allem) und man könnte denken, er bekommt gleich einen fancy Hotdog gereicht: Verschiedene Soßen, Tuben, Gewürze, hier noch was drauf, vom dem noch ein bisschen und schließlich fertig: Einmal gekochtes Ei auf die Hand, mit allem 😋

Wir wollen mir eine kolumbianische Simkarte mit Datenvolumen besorgen und fragen uns ein bisschen durch bis wir zum richtigen Stand kommen. Mit neuer Simkarte und aktivierten Daten wollen wir gleich wieder weiter und werden nochmal von dem Chico angehalten, der uns den Stand gezeigt hat. Zu unserer Überraschung will er gar kein Trinkgeld für seinen Tipp eincashen, sondern tippt kurz noch einen Spezialcode in mein Handy ein und VERDOPPELT damit mal eben mein Datenvolumen für den ganzen Monat!
Man(n) weiß halt, wie 😉 Das Trinkgeld kriegt er dann doch noch 😁

Exotischer Shitsandwich: Auch hier in Cartagena gibt es nicht nur Regenbogen und Sternschnuppen. Am ersten Nachmittag gibt es kein Wasser in der ganzen Unterkunft (ist klar, dass man das erst erfährt, wenn man sich gerade Seife auf die Hände gemacht hat), kommt aber nach einigen Stunden wieder.

Am zweiten Morgen werden wir schon von lautem Getöse geweckt: Generatoren! Wer einen hat. Stromausfall. In der GANZEN Stadt. Den GANZEN Tag. Bei über 35 Grad im Schatten. Kein Ventilator, keine Klimaanlage. Immerhin laufen die Kühlschränke noch über den Generator. Restaurants: alle dunkel. Wir werden trotzdem immer freundlich herein gebeten, dürfen auch stets gerne Platz nehmen, bekommen sogar die Speisekarte gereicht. Nur anbieten können sie uns leider nichts ohne Strom. Nicht mal Getränke, selbst Fruchtsäfte werden im Mixer zubereitet…

Insgesamt ist die Pluspunkte-Skala von Karibiks Perle Cartagena allerdings so prall gefüllt, dass sie auch leichter über Unannehmlichkeiten hinwegblicken lässt. Unterkunft super, Essen super, Personal und Menschen nett, tolle Altstadt, mega süße Faultiere, bunte Strassenkunst, Salsa und Bachataklänge. Der Vibe stimmt. Leute bemühen sich mit ihrem Englisch, manche sprechen es perfekt.

Es ist einfach schön hier für alle Sinne. Und gleichzeitig zieht es uns weiter, denn wir haben noch etwas Größeres vor. Und dafür müssen wir nach Santa Marta


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