workation Diary

#45 same same, but…

Stories to learn

In den kommenden Tagen ist uns der Ablauf unseres familiären Alltags hier am Amazonas schon vertrauter: Aufstehen zum Morgengrauen, frühstücken ca. 6:30, eine gemeinsame Aktivität am Vormittag, Mittagessen, eine Unternehmung am Nachmittag, Abendessen, nach Sonnenuntergang ins Bett – oder nochmal los zur Erkundung der Umgebung im Dunkeln.

Die freie Zeit nutzen wir dafür, um Fragen zu stellen, zu beobachten und unsere neu gewonnenen Eindrücke zu verarbeiten.

Anders, als wir es vielleicht in Deutschland erwarten würden, wird hier nicht einfach so was erklärt. Wie schon auf unseren Touren durch die Salzwüste von Bolivien oder durch den Dschungel zur Ciudad Perdida in Kolumbien heißt es: Wenn du was wissen willst, frag! 

Also fragen wir. Und bekommen Antworten – ganz offen, wenn auch manchmal mit mehr unbekannten spanischen Wörtern, als mir lieb ist, und das ohne Internet zum Nachgucken…

Mit einem gewissen Stolz in der Stimme berichten die Eltern Elvio und Alicia über ihre persönlichen Geschichten und das allgemeine Leben hier in der Amazonasregion. Sie freuen sich über unser Interesse und willigen bekräftigend ein, als ich frage, ob ich darüber schreiben darf.

Familie
Vater Elvio, 55, ist noch nie in einem anderen Land gewesen. Er wohnt schon immer hier am Amazonas. Er möchte auch nicht weg. Seine Großeltern haben die hiesige Community um das Dorf San Martín mit aufgebaut (nicht nur freiwillig). Das Haus, in dem die Familie und wir wohnen, hat Elvio mit viel Aufwand gemeinsam mit seinem Bruder selber gebaut. Sein Bruder ist Tischler und heißt Hitler. Für die Eltern war das vor rund 60 Jahren ein “normaler” Name ohne besondere Bedeutung. Den Namen haben sie irgendwo im Kontakt mit deutschen Siedlern aufgeschnappt…

Elvio und seine Frau Alicia, 38, sind seit 19 Jahren zusammen. Alicia stammt aus einem Dorf ein paar Bootsstunden entfernt von hier. Beide haben bereits Kinder mit in die Beziehung gebracht und haben noch drei gemeinsame. Insgesamt sind es acht Kinder, die meisten davon bereits erwachsen mit eigenen Familien.

Kinder gehen hier ab drei Jahren zur Schule. Erst eine Art Vorschule, dann Grundschule und später die weiterführende Schule. Alles auf dem selben Gelände des Dorfes. Ihre Kinder haben den Vorteil, dass sie die Schule fußläufig in 15 Minuten erreichen können (die kleine Nicole mit drei Jahren geht morgens mit ihrem Papa Wellington und braucht ein bisschen länger). Andere Familien müssen einen längeren Weg auf sich nehmen oder mit dem Boot kommen.

Die Familie kommt hier mit einem monatlichen Budget von etwa 1.000 peruanischen Soles (ca. 250€) zurecht. Das reicht, um alles Nötige für den Lebensunterhalt hinzuzukaufen, was nicht selber angebaut wird. Größere Anschaffungen oder Projekte, wie die Erweiterung des Hauses, werden durch Einnahmen über den Tourismus – wie dem Projekt mit uns – finanziert.

Leben früher und heute
Früher konnte hier in der Gegend niemand schwimmen, weil der komplette Fluss voller Krokodile war. Dann kam in den 80ern eine brasilianische Firma, die mit Krokodilleder das große Geld gemacht hat. Seitdem gibt es in der Gegend nur noch wenige Krokodile und diese leben zurückgezogen von den Menschen. Auf meine Frage hin, warum kein Krokodil zum Steg kommt und einen auffrisst, während man sich im Flusswasser die Hände wäscht oder Geschirr spült, heißt es “Porque la gente los comen” – weil die Menschen die Krokodile essen. Und das hat sich unter den Tieren wohl hinreichend rumgesprochen, sodass das Flussufer in der Nähe von Siedlungen sicher ist, sogar zum Schwimmen (Udo liefert dafür täglich den Beweis 😂).

Elvio entstammt der indigenen Kultur der Cucama, in der der Mann meist Fischer und Jäger ist. So auch einst Elvio. Auf den Tisch kam und kommt in dieser Gegend alles, was die Natur hergibt: Fisch, Krokodil, Schildkröte, Affe, und so weiter. Nur nicht Delfin, da dieser eine spirituelle Bedeutung für die Menschen hat.

Heute arbeitet Elvio im Tourismus und widmet sich der Conservación (Erhaltung) seines geliebten Landes. Seitdem isst er weniger Fleisch und Fisch. Wie seine Transformation zustande kam? Bis er 25 war, verdiente er seinen Lebensunterhalt mit der Jagd und Fischerei. Dann kam er mit dem Thema Nachhaltigkeit in Berührung und änderte nach und nach seine Denk- und Lebensweise. Er möchte ein gutes Beispiel für seine Kinder sein und dafür sorgen, dass die natürlichen Ressourcen auch für zukünftige Generationen zur Verfügung stehen.

Nachhaltigkeit, Herausforderungen und Wandel
Früher gab es hier natürliche Ressourcen im Überfluss. Pflanzen, Tiere, gutes Wasser, ausgeglichenes Klima – niemand hat an die Zukunft gedacht oder denken müssen.
Heute ist das anders. Wie auf der ganzen Welt, so auch hier am Amazonas.

Zu den größten lokalen Problemen zählen die Umweltverschmutzung und die Verunreinigung des Wassers, was langfristig zu Krankheiten und zum Tod führt. Nicht nur für Pflanzen und Tiere, auch für Menschen. Für Udo und mich ist am stärksten sichtbar, dass es an guten Lösungen für Entsorgungen noch stark mangelt, wie leider in vielen Teilen Lateinamerikas. Plastikverpackungen von gekauften Lebensmitteln, Bonbons, Flaschen & Co. werden achtlos fallen gelassen. An Land und im Wasser. Früher aß man eine Banane, die hier überall wächst und warf die Schale anschließend in den Busch. Mit dem Schokoriegel von heute wird es genauso gemacht. Mit drastischen Folgen für die Umwelt.

Eine Müllabfuhr oder dergleichen gibt es nicht. Wer Müll loswerden will, muss die Säcke aufwendig viele Stunden mit dem Boot zum nächsten Ort transportieren (wo wiederum keine adäquate Müllentsorgung vorhanden ist). Der Fluss wird zudem als einzige (Ab-)Wasserquelle für alles genutzt: Shampoo, Spülmittel, Farbe, alles geht ungefiltert hinein und das allein schon auf Familienebene.

Besonders in Elvios Generation und davor gehen viele heutige Umweltprobleme in der Gegend auf eine unzureichende Bildung und Aufklärung zurück. Viele ältere Erwachsene hatten gar keine Schulbildung und zeigen heute kein Interesse an einem Wandel ihrer Lebensweise.

Den Gedanken an Nachhaltigkeit gibt es erst seit kurzem. Die Erkenntnis, dass natürliche Ressourcen endlich sind, verstehen die Menschen erst allmählich, vor allem die jüngeren Generationen. Die Kinder wachsen heutzutage mit einer anderen Mentalität und einem anderen Bewusstsein auf. Der Fokus richtet sich mehr und mehr auf Ressourcenerhaltung und einen nachhaltigen Umgang mit ihnen. Das beginnt schon in der Schule.

Elvio sieht das größte Potenzial für eine nachhaltige Entwicklung bei den Kindern. Als Bürgermeister des seines Ortes San Martín de Tipishca setzt er sich mit Lehrern zusammen und erarbeitet mit ihnen Projekte, in denen Kinder lernen, wie sie die Natur schützen und gleichzeitig nachhaltig nutzen können. 

Elvios Vision und Ziel für die Zukunft ist ein umweltfreundlicher Lebensstil, bei dem Mensch und Natur im Einklang sind. Nachhaltigkeit bedeutet für ihn das Gleichgewicht der Ressourcen zu erhalten, Schutz und Pflege der Umwelt zu betreiben und verlorene natürliche Ressourcen wieder aufzubauen. Er möchte, dass die Menschen ein Verständnis dafür entwickeln und wissen, wie sie die Schätze der Natur zur selben Zeit nutzen, erhalten und kultivieren können. 

Projekte von heute für morgen
Um diese Ziele zu erreichen, macht sich Elvio in seiner Rolle als Bürgermeister stark für mehr Bewusstheit in seiner Community. Er leitet und koordiniert viele Projekte in enger Zusammenarbeit mit der Leitung des hiesigen Naturschutzgebietes Pacaya Samiria:

  • Es gibt verschiedene Projekte zum Thema Müllreduzierung, z.B. die Herstellung von Kunstobjekten aus Resten und Müll 
  • Eine bestimmte Palmenart aus der Region nimmt super viel CO2 aus der Luft auf und soll wieder mehr kultiviert werden – und weniger als Palmenherzen auf den Tellern landen.
  • Es gibt Schulprojekte, wie “Bosque en Acción” (Wald in Aktion) bei dem Kinder lernen, wie sie Wälder aufforsten und erhalten können. 
  • Außerdem finden Aufklärungsprojekte zur Erhaltung der Wasserqualität und der Vermeidung von Wasserverschmutzung statt.

Leben am Amazonas – was wir sonst noch beobachten und lernen:

  • Der Lebensrhythmus richtet sich hier nach dem Tageslicht: ab 18:30 ist es dunkel. Spätestens um 20 Uhr liegen alle im Bett, viele schon früher. Dafür beginnt der Tag für alle vor oder mit dem Sonnenaufgang: ab 5:00 Uhr. Dass es nirgendwo Strom gibt, fällt so viel weniger auf.
  • Mindestens zweimal am Tag wird am Steg mit Flusswasser „geduscht„.
  • Geschirr wird im Fluss gespült. Ebenso wie alles andere, das mit Wasser gereinigt, gewaschen oder geputzt werden soll.
  • Die alltäglichen Aufgabengebiete sind nach Geschlechtern getrennt: Frauen: Haushalt, Ackerbau, Holzhacken, Essenszubereitung, Wäsche. Männer: Jagd und Fischerei, Bau und Instandhaltung von Haus und Booten, Administratives auf kommunaler Ebene.
  • Kinder packen bei allem mit an und helfen nach der Schule den Eltern bei allen anfallenden Tätigkeiten. Auch junge Teenager können schon gekonnt mit der Machete umgehen. Kleinere Sachen mit dem Messer machen die 6-9-jährigen. Die Kinder folgen den Anweisungen der Eltern aufs Wort.
  • Alles, was nicht zu Fuß geht, kommt und geht mit Booten. Wenn es regnet, wird eine große Plastikplane über alles und jeden im sonst offenen Kajak gelegt.
  • Der “normale” Familieneinkauf in der nächst größeren Stadt, 10 Bootsstunden entfernt: Nach mehreren Tagen kommt die älteste Schwester mit einer Bananenstaude, einem Karton Küken und einer großen Tüte Klamotten für alle zurück
  • Klamotten sind von schlechter Qualität und nutzen sich bei der hohen Luftfeuchtigkeit schnell ab. Man braucht dauernd neue aus der Stadt. 
  • Tagsüber ist das Flusswasser am Steg badewasserwarm.
  • Schulbildung: Eine Art Kindergarten gibt es hier von 3-5 Jahren. Dann bis ca. 11/12 Jahre die Grundschule, danach bis 16 oder 18 die weiterführende Schule. Es gibt Schuluniformen. Die Schuhe dazu kosten ca. 14 €. Das ist hier sehr teuer. 
  • Manche Menschen im Dorf können nicht lesen, selbst junge Erwachsene. 
  • Viele Erwachsene haben Smartphones. Da es fast nirgends Internet gibt, wird damit hauptsächlich telefoniert. Oft und lange. Geladen werden die Akkus mit kleinen solarbetriebenen Powerbanks.
  • Gekocht wird täglich und frisch (für uns vegetarisch): Papayasalat mit Tomaten und Limettensaft; Palmita: Palmenherzen in dünne Fäden geschnitten; Reis mit Salat und Fisch (Peiche, der große aus dem Fluss, der geschützt werden soll. Wir probieren ihn hier schonmal); Empanadas aus Yuca mit Gemüse gefüllt. Gekocht wird auf offenem Feuer eines Steinofens.
  • Die Natur bietet die größte Nahrungs- und Medizinquelle: Von Bananen über Yuca bis hin zu Fisch und Fleisch.
  • Es ist leise wie nie: kein Straßenlärm, keine laufenden Geräte, keine Musik. Höchstens mal ein Boot, das vorbei fährt. Ansonsten nur Geräusche von Pflanzen, Tieren und Menschen.
  • Ohne Lichtverschmutzung leuchtet der Sternenhimmel nachts unglaublich hell. Die Sterne funkeln im glatten Flusswasser erneut.
  • Der Regenwald am Amazonas ist der größte der Welt. Seine Bedeutung für den Wasserhaushalt der Erde ist enorm. Er erstreckt sich über fünf Millionen Quadratkilometer und neun Länder. Unter dem gewaltigen grünen Kronendach beherrschen vor allem Pflanzen das Bild. Große Säugetiere sind selten.
  • Pacaya Samiria: Das hiesige Naturschutzgebiet ist sowohl für seine biologische Vielfalt als auch für die kulturelle Bedeutung der hier lebenden indigenen Gemeinschaften bekannt. Es liegt im Departement Loreto, zwischen den Flüssen Marañón und Ucayali. Es wurde 1982 gegründet und ist mit ca. 20.800 Quadratkilometern das größte geschützte Gebiet in Peru. Das Ökosystem besteht aus überfluteten Regenwäldern, Sumpfgebieten, Flüssen und Seen. Es ist Heimat zahlreicher Tierarten, darunter Amazonas-Flussdelfine, Kaimane, Jaguare, Riesenotter, Seekühe und über 500 Vogelarten. Die meisten davon bekommen wir allerdings nicht zu Gesicht. Rund 40.000 Menschen, hauptsächlich indigene Völker, leben in diesem Gebiet. Die Zahl der externen Besucher ist derzeit auf 200 Personen im Monat begrenzt. Es ist ein wichtiges Gebiet für wissenschaftliche Forschung und Umweltstudien.

Lokale Besonderheiten

Auch nach einigen Tagen nehmen die Besonderheiten, die wir hier am Amazonas entdecken und erleben, nicht ab:

Besondere Nachbarn: Vormittags zeige ich Udo eine wunderschöne Blüte von einer Rankepflanze, die sich um die Palme neben dem Haus windet. Nach Sonnenuntergang zeigt uns Elvio an der selben Stelle eine riesige Vogelspinne, die in genau dieser Palme wohnt und jeden Tag abends halb sieben mal kurz vor ihrer Tür nach dem Rechten sieht.

Besondere Fähigkeiten: Wir fragen Elvio danach, wie hier im Fluss Fische gefischt werden. Neben Fangnetzen ist Speerfischen hier die Technik der Wahl, wie wir lernen dürfen. Natürlich mit selbst gebauten Speeren. Die Technik interessiert uns und weil wir nicht „nur mal zum gucken“ Fische umbringen wollen, zeigt uns Elvio das Ganze an Land: Er legt ein Blatt in der Form eines Fisches einige Meter vor uns ins Gras und zeigt uns seine Kunst: JEDES MAL erwischt er das Blatt auf den Zentimeter genau da, wo er es treffen will. Aus dem Stand und im Sitzen, genau, wie er es vom Boot aus auch machen würde. Der Wahnsinn. Was für eine Fähigkeit! Wir probieren es selbst und Udo trifft immerhin in die Nähe vom Fisch. Meine kürzeste Distanz zum Zielobjekt ist ungefähr einen Meter…

Besondere Kunst: Unser Nachbar am Grundstück nebenan, etwa 10 Gehminuten durchs Grüne entfernt, ist Künstler und stellt dekorative und nützliche Gegenstände aus Naturmaterial her: Taschen aus Palmenfasern, bemalte Dekoartikel aus Kürbisschalen und sogar aus Schuppen vom riesigen Amazonas Fisch Peiche. Es braucht einige Zeit, bis wir uns aus den spanischen Vokabeln einen Reim machen können, weil wir absolut nicht an Fischschuppen denken, als er uns einen ganzen Sack voll davon zeigt. Sie sehen für uns eher aus wie Fingernägel vom Dinosaurier…

Besondere Krabbeltiere: Neben braunen Taranteln im Zimmer und schwarzen Vogelspinnen auf Kopfhöhe in den Palmen sehen wir hier und da immer wieder spannendes Krabbeliges. Getarnte Spinnen am Baum, die mit ihrem Hintergrund nahezu verschmelzen, kunterbunte Grashüpfer, alienartige Tausenfüßer und und und…

Besonderes in der Natur: Das Beste hat sich Elvio bis zum Schluss für uns aufgehoben: Gemeinsam machen wir eine letzte spannende Erkundungstour ins Dickicht des Amazonas Regenwaldes. Und diese Tour soll es in sich haben! Am ersten Stopp spannt er ein Netz in einer kleinen Lagune, aus dem er später mehrere Dutzend Fische ziehen wird.

Dann kämpfen wir uns ein letztes Mal durch den tiefen Teppich an Flusspflanzen, die sich hartnäckig an unserem Boot halten und schlagen uns im wahrsten Sinne des Wortes durch den Dschungel, um an einen ganz besonderen Ort zu kommen. Ohne Elvios gekonnten Umgang mit der Machete würde hier für uns kein Durchkommen sein. Er muss im seichten Wasser sogar aussteigen und steht mit Gummistiefeln und Jeans bis zum Oberschenkel im Wasser, damit wir mit dem Kajak überhaupt voran kommen. Wie so oft gehört schon der Weg zum Ziel. Was für ein Abenteuer!

Angekommen empfängt uns ein Highlight nach dem anderen: Mehr als 15 gelb-blaue Aras sitzen über uns in den Baumwipfeln und liefern ein krähendes Konzert, als wir uns tiefer in den Wald bewegen. Wir sehen riesige Wurzelformationen, lernen wie und welche Bäume medizinisch eingesetzt werden (die reinste Naturapotheke!), trinken Baumwasser direkt aus dem Stamm, sammeln Früchte ein, die wir unterwegs finden, halten unsere Hände in ein Termitennest (ok, nur die Männer), schwingen uns wie Tarzan und Jane an Lianen hin und her und besichtigen schließlich Lupuna, die Mutter aller Bäume, über 500 Jahre alt und der reinste Wunderort.

Ich empfinde sofort eine tiefe innere Ruhe, als ich den gigantischen Baum hinaufschaue. Fest verankert in den Tiefen des Dschungelbodens sendet ein einziger Baum Frieden in die ganze Umgebung. Uns wundert es nicht, dass dieser Baum von den indigenen Völkern bis heute geliebt und verehrt wird.

Es ist hier, unterwegs mit dem Vater Elvio, einmal mehr faszinierend für uns mitzuerleben, wie sehr die Umgebung, in der wir aufwachsen, unser ganzes Leben prägt. Während wir verhüllt wie die Imker und am Dauersprühen mit dem stärksten Insektenspray verzweifelt versuchen, von Moskitos & Co. nicht lebendig aufgefressen zu werden, wird Elvio weitgehend in Ruhe gelassen. Wo wir keinen Weg erkennen, macht uns Elvio mit zwei gezielten Machetehieben freie Bahn, und weiß, an welchem Baum es links oder rechts geht. Wo wir nichts anfassen, sammeln oder gar essen würden, erklärt uns Elvio, welche Pflanze für was gut ist, welche Frucht essbar ist, und wie man die riesige Bananenstaude erntet, die in unerreichbarer Höhe scheint: Kräftiger Hieb mit der Machete an den Stamm der Pflanze und zack liegt die ganze Staude transportbereit vor unseren Füßen. Easy. Wenn man weiß wie…

Ein vertrauter Abschied

Wir verbringen nur eine einzige Woche gemeinsam, führen so verschiedene Leben in unterschiedlichen Kultur- und Klimazonen, stolpern andauernd über sprachliche Hürden und fühlen uns trotzdem verbunden, einander nah und vertraut. Die Kinder albern mit Udo rum, die Frauen erzählen mir aus ihrem Leben, wir tauschen Nummern und Daten aus und versprechen in Kontakt zu bleiben. Der Abschied fällt gar nicht so leicht. Ob und wann wir uns wieder sehen werden: Keiner weiß es.

Wie sich das Leben hier weiterentwickelt, bleibt abzuwarten. Nicht nur in unseren Breitengraden stehen große Herausforderungen in der Zukunft an. Auch hier, in Mitten der Amazonasregion, hinterlassen Klimawandel und Einflüsse des westlichen Lebens deutliche Spuren. Wo Elvios Generation noch weitgehend ohne Kontakt nach außen aufwuchs, kennen die 3- und 7-jährigen heute bereits lustige Spiele auf dem Smartphone…

Das Leben am Amazonas. So verschieden und in vielem so gleich.
Same same but different.


Story veröffentlicht am

in

von

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

WordPress Appliance - Powered by TurnKey Linux