Kurztrip: Bus-Fähre-Taxi-Bus-Füße-da
Obwohl gar nicht so weit, ist die Reise nach Valladolid ziemlich abenteuerlich: Von der Unterkunft aus an die Straße stellen und den Bus nehmen, bei dem man nicht genau weiß, wann er kommt und eine Haltestelle gibt es auch nicht. Dann quer über die ganze Insel düsen, weil der Bus nur in eine Richtung im Kreis fährt. Dass ich hinten bei geöffneter Tür auf der ersten Stufe stehe und mein Rucksack auf dem Rücken beim Fahren aus dem Bus ragt, interessiert hier niemanden. Latino Style eben. Finde ich cool und ein bisschen empörend gleichzeitig.
Vom Bus aus zur Fähre, dann zum Taxi (weil wir den Bus nicht gefunden haben), dann zum Busbahnhof, dann 3 Stunden nach Valladolid, dann loslaufen und Hostel finden – wir stehen natürlich erstmal zum Einchecken im falschen…
So viel zur Zeitplanung: Laut Google schafft man die 180 km in 3 Stunden. Tatsächlich ist das Ganze für uns eher ein tagesfüllendes Programm.

Lösungen finden sich von selbst: Gemeinsame Abenteuer
Die Hostelgemeinschaft macht sich dafür einmal mehr bewährt. Ich führe den ersten Smalltalk zu den klassischen Fragen: Wo kommst du her? Wie lange bist du unterwegs? Was hast du als letztes gemacht und was machst du als nächstes? Kaum, dass ich erzähle, dass wir gerne die berühmte Maya Städte Chichen Itza besuchen möchten, aber nicht wissen, wie wir dahin kommen sollen, höre ich aus einer anderen Ecke “Ich habe ein Auto. Ich will da auch hin und suche noch Leute, mit denen ich das zusammen machen kann, alleine habe ich keine Lust.” – na bitte, wie geil! Helena, die Amerikanerin, die zufällig deutsch spricht, weil sie eine deutsche Oma hat, wird also für die nächsten Tage unser “Reisebuddy”.
Mit ihr gemeinsam besuchen wir am nächsten Tag die Cenote Suytun und “eine Mayaruine” – die sich später als die große Mayastädte Coba herausstellt (ich dachte, wir fahren nur zu einem kleinen Tempelchen… :P).
Sowohl die Cenoten, als auch die Mayaruinen entlocken mir beim zweiten Besuch nach sieben Jahren leider nicht mehr das Staunen, an das ich mich bei meinem ersten Mal erinnere und was ich nun im Gesicht von Udo und Helena sehe. Beide Phänomene, das eine naturgemacht, das andere von Menschen, sind für sich genommen sehr beeindruckend. Nur merke ich, dass mich der Affe im Baum (der erste, den wir sehen!!!) mit seinem rumtollenden Baby irgendwie mehr begeistert.
Heimweg mit Unterbrechung
Da wir eigentlich dachten, nur ca. 2 Stunden unterwegs zu sein und nicht den ganzen Tag, sind wir am späten Nachmittag ziemlich hungrig unterwegs und besuchen das nächstgelegene Maya Restaurant. Wir lernen das typische Maya-Gemüse “Chaya”, eine Art Spinat, kennen, und freuen uns, dass die Tacos in Schalen aus Kürbis serviert werden.
Schließlich erwartet uns zum Ausklang des Tages noch ein weiteres Abenteuer: Der schöne Leihwagen, der einen tiptop Eindruck gemacht hat, leuchtet beim Starten nur noch kurz auf und macht dann: GAR NICHTS mehr. Moment mal, und jetzt?
“It’s probably the battery, it needs zbjdfgsd” – das englische Wort für Überbrückung verstehe ich zwar nicht, kapiere aber trotzdem, worum es geht. Kurzerhand springt Helena aus dem Auto und kaum eine Minute später fährt schon ein Kleinwagen vor, den sie herangewunken hat und dessen Fahrer zufällig ein gut englisch-sprechender Mexikaner ist, der sich mit Autos auskennt und eine geduldige Beifahrerin dabei hat, die in Ruhe ausharrt, bis ihr Begleiter uns aus der Patsche geholfen hat. Glück darf man haben! Sonst ist hier fast niemand zu sehen und vorbei fährt schon mal gar keiner.

Die Überbrückung klappt einwandfrei und ich bin froh, dass ich die ganze Szene nur beobachten darf und mein Zutun hier nicht erfragt oder erwartet wird. Bei diesen Überbrückungskabeln stellen sich mir immer die Nackenhaare auf und ich bin in ständiger Erwartung, dass gleich irgendwas Schlimmes passiert: Entweder explodiert was, oder jemand verliert seine Hand, weil er die Kabel falsch angeschlossen hat. Wahrscheinlich ist das totaler Blödsinn und geht auch gar nicht. Aber trotzdem kommen diese Bilder zuverlässig in meinen Kopf.
Jedenfalls springt der Wagen wieder an, der Mexikaner verabschiedet sich freundlich, will nicht mal Trinkgeld und ruft noch beim Wegfahren “I’m a concierge in a hotel. That happens all the time, hahaha” – Aha. Na das schafft ja Vertrauen in mexikanische Mietwägen…
Wir steigen also ein, schnallen uns an, Helena stellt auf “Drive” und es passiert: NICHTS. Der Wagen bewegt sich keinen Zentimeter. Oh Mann ey, nee, oder?
Also schließlich doch noch der Anruf bei der Mietwagenfirma mit dem Handy vom Sohn des Restaurantbesitzers nebenan. Mit Bravur meistert Helena dieses technische Fachgespräch auf Spanisch – zum aktuellen Zeitpunkt wäre ich daran komplett gescheitert. Drei weitere Mexikaner kommen uns nun zu Hilfe und mit den Anweisungen am Telefon und einem Neustart vom Motor – den keiner von uns in Erwägung gezogen hätte, so kurz nach der Überbrückung – kommen wir schließlich alle wieder heile in der Unterkunft an.
Me Time
Vollkommen platt von diesem Tag beschließe ich noch abends, am nächsten Tag nicht mit zum großen Chichen Itza Ausflug – einer der bekanntesten Maya Städten überhaupt – mitzukommen. Zum einen habe ich die Ruinen schon einmal besucht, zum anderen habe ich das dringende Bedürfnis nach Ruhe und einer Pause von Erlebnissen. Während sich Udo und Helena am nächsten Morgen um kurz nach 6 auf den Weg machen, drehe ich mich nochmal gemütlich im Bett um und verbringe den Tag nur mit mir, einem gemütlichen Frühstück, schreiben bis in den Nachmittag hinein, einer kurzen Tour durch die Stadt und vier Folgen Brisant in der ARD-Mediathek. Herrlich.
Schuhe kaufen bei Ketut
Highlight des Tages: Die Neugier packt mich unterwegs dann doch und ich laufe in der Stadt noch ein paar Straßen weiter, als ich eigentlich wollte. So komme ich mit meiner Runde um den Block nicht nur an dem großen Marktplatz in Valladolid vorbei, sondern auch an einer weiteren, offenen Cenote, der Cenote Zazi.

Beim Vorbeigehen an einem Schuhstand grinst mich der davor sitzende Schuhmacher an, der mich sofort an den Medizinmann Ketut aus dem Film Eat Pray Love erinnert. Er bittet mich hinein und nach kurzem Zögern schaue ich mir tatsächlich seine kleine “Tienda” an, frage ihn nach den Preisen und welche Größe ich wohl brauche. Kurzerhand kaufe ich mir für umgerechnet 16 Euro ein paar neue Ledersandalen bei ihm. Er freut sich unglaublich und platziert sich prompt mitten im Bild, als ich zum Abschied noch frage, ob ich noch ein Foto von seinem süßen Laden machen darf. Wie schön, dieses Erlebnis und die Begeisterung in seinem Gesicht tragen mich noch durch den gesamten Tag.
Fun Fact: 2 von 3 mitgebrachten Paar Schuhen passen mir in dem tropischen Klima aktuell überhaupt nicht und sind viel zu eng. Da kommen mir neue Sandalen gerade recht :)
Sweet Things in the City
Mit Udo und einer kleiner 5-köpfigen Gruppe machen wir am nächsten Tag unsere erste Free-Walking Tour auf dieser Reise und lassen uns von einem lokalen Guide ein paar mehr Details und Einblicke in die Stadt und ihre Geschichte geben. Leider wird das Spenglish dieser eigentlich englischen Tour hier mehr zum Hindernis, als dass es hilfreich ist, sodass wir danach nicht ganz viel schlauer sind als vorher. Aber schöne Fotos konnten wir trotzdem machen und im Anschluss noch ein herrliches Abendessen im veganen Restaurant genießen, das wir schon rausgesucht hatten.
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