Puerto Escondido – wo geht’s da raus?
Am nächsten Tag sehen wir bis 9 Uhr niemanden. Es bleibt alles verschlossen in unserer Unterkunft in der Schildkröten Auffangstation. Wir packen unseren Kram, gehen Richtung Straße und treffen durch Zufall unseren Fahrer Juan vom Abend vorher, dem wir den Schlüssel in die Hand drücken. Der Bus nach Puerto Escondido kommt alle 20 Minuten, meint er auf Nachfrage. Und so stellen wir uns wie Tramper an die Landstraße und warten. Die Hitze drückt schon wieder von allen Seiten.
Schließlich quetschen wir uns mit unserem ganzen Gepäck hinten in den überfüllten Bus mit rein und düsen mit Karacho gen Surferort. Da es wie gewohnt weder Haltestellen, noch Schilder oder Durchsagen bei den Busfahrten gibt, muss man dem Fahrer irgendwie mitteilen, wo er anhalten soll. Der Weg zum Fahrer ist mit etlichen anderen Fahrgästen komplett versperrt und wir sitzen ganz hinten.
Ich frage meine mexikanische Sitznachbarin, wie ich das machen soll mit dem Ausstieg und zeige ihr auf der Karte am Handy, wo wir rauswollen. Ihre umfangreiche, aber leise Antwort verstehe ich bei dem Fahrlärm überhaupt nicht. Hilflos schaue ich zu Udo hinter mir und zucke mit den Schultern. Dann schaut er auf sein Handy, springt plötzlich auf und ruft “Stoooooooooop, aqui, Stop, aqui, Stooooppp”. Alle Mitfahrenden drehen sich um, gucken uns an. Der Bus stoppt an der Straße und wir wirtschaften uns mit Sack und Pack die paar Stufen hinunter und raus. Alles klar. So wird der Bus also angehalten 😂
Life in a Surfspot
Mit unserer Unterkunft im Juquilita haben wir einen Volltreffer. Mit Pool, überdachter Dachterrasse, Meerblick und klimatisiertem Zimmer kann es uns richtig gut gehen.
Zu unseren Highlights in Puerto Escondido gehören
- Super leckere Smoothie Bowls und andere Leckereien in einem der vielen Restaurants essen, die auf gesunde Ernährung ausgerichtet sind
- Nachts im beleuchteten Pool schwimmen
- Arbeiten auf der Dachterrasse mit Meerblick und Brise um die Nase (wahlweise in der Hängematte)
- Spazieren gehen in wunderbar weichem Sand
- Nicht aus der Masse herausstechen, da sich hauptsächlich “Westerners” in der Umgebung aufhalten (Playa Zicatela)
- Rumdüsen mit dem Roller und weitere Strände erkunden
- In einer ruhigeren Bucht richtig weit ins Meer rausschwimmen – natürlich nur mit Udo, das würde ich mich alleine niemals trauen
Shitsandwich
- Teilweise zu heftige Hitze, die Outdoor-Aktivitäten tagsüber fast unmöglich macht
- Fetter Sonnenbrand, wenn man trotzdem mal draußen ist 😒 – auch mit Sonnencreme
- Fiese Erkältung von plötzlichem Wetterwechsel, Klimaanlage und anderen Schniefnasen
- Kein warmes Wasser in den Duschen (generell wohl die Norm im Ort)
Anna struggelt, Udo slidet
Es ist erstaunlich, wie dieselben Bedingungen völlig unterschiedliche Wirkungen auf Personen haben können. Beispiel: feuchte, schwüle Hitze. Udo schwitzt einfach alles aus. Fühlt sich davon auch nicht gestört und kann diesen Zustand bestens zu jeder Tages- und Nachtzeit aushalten. Ich dagegen klebe am ganzen Körper wie frisch eingecremt, selbst wenn mir gar nicht warm ist. Mit Sand, Staub und allem möglichen Kreuch und Fleuch in der Luft ist das wirklich eine unangenehme Kombi für mich. Mein Gehirn funktioniert in drückender Hitze auch nur maximal in Slow-Motion. Udo kann den ganzen Tag auf der Dachterrasse durcharbeiten, kein Problem für ihn. Ich dagegen liege zwischen 10 und 16 Uhr im klimatisierten Zimmer und kuriere meinen Kreislauf vom Hitzeflash am Morgen 🥵 Schade, dass die wunderbare Umgebung für mich oftmals mit einem dicken Aber daher kommt, das ich leider auch nicht ignorieren kann.
Ein schön “deutscher” Moment
Um noch mehr vom Ort zu sehen, die anderen Strände zu erkunden und weil ich Bock hab, mal wieder Roller zu fahren (hehe, das gehört definitiv zu den Tätigkeiten meines “Welt-Ichs”), frage ich ein bisschen rum, was einer wo kostet. Ich lande bei einem Anbieter um die Ecke, wo der Stand ordentlich aussieht, mich die Frau herzlich begrüßt und gleich die Vorteile ihres Angebots präsentiert. Sie bieten sogar zweierlei Kasko-Möglichkeiten an. Oh, denke ich, die haben sogar zwei verschiedene Versicherungen, das bieten sie bei den Rollern im Hotel nicht an. Ich entscheide mich also für diesen Anbieter, ist auch noch billiger hier. Zwei Fliegen mit einer Klappe. Als mir die nette Frau das Formular mit den Konditionen unter die Nase hält, fällt dann auch schon der Groschen. Guten Morgen in Mexiko, liebe Anna, muss ich selber über mich lachen.

“Casco” heißt natürlich “Helm” auf spanisch. Von wegen Versicherung. Die gibt es in Mexiko ebensowenig für Roller wie die Helmpflicht, Führerscheinpflicht, Anschnallpflicht im Auto, oder irgendeine Art von TÜV für Fahrzeuge (zumindest denken wir das, weil alles, was noch fahren kann, auch gefahren wird, Zustand egal – wie üblich in exotischen Ländern). Na gut. Dann eben ohne Versicherung. Mein Deutsches-Ich hebt innerlich zwar den Zeigefinger, aber darauf will ich jetzt keine Rücksicht nehmen. So oder gar nicht sind die Optionen. Dafür sind die Roller brandneu. Heißt zwar auch, dass ich für jeden Kratzer dran bin, aber das ist dann wohl so.
Strand und Meer (fast) nur für uns
Also tuckere ich schön mit dem Rollerchen los und fühle mich schon nach kurzer Zeit in meiner Wohlfühl-Renter-Geschwindigkeit von 25km/h auf der großen Straße, wo alle schneller sind als ich, wieder im Abenteuer-Modus.
“Jetzt willst du’s aber wissen, du kratzt ja schon an den 30 km/h”, lacht Udo am nächsten Tag, als er hinten drauf sitzt und wir zusammen nochmal zur schönsten Bucht fahren, um in den frühen Morgenstunden den Strand und das Meer zum Schwimmen fast nur für uns allein zu haben.
Exotic Moment: Ich schrei los vor Schreck, als weit draußen plötzlich ein Fisch senkrecht aus dem Wasser springt, nur ein paar Meter neben uns. Immerhin gibt’s hier auch Haie und alles Mögliche sonst 😱. Udo: „Alles ok, das war ein Fisch, der darf hier sein. Der wohnt hier, das ist ganz normal. “ Voll in seinem Deeskalationston 😅, wie schon damals in Afrika, als in freier Wildbahn ein Elefant direkt an unserem Auto vorbeilief. Wenn ich an der Schwelle zur Panik bin, weil ich denke, ich werd gleich gefressen, brauche ich genau das. Danke mein Herz ♥️
Exotische Momente sonst
- Im Colectivo (Kleinbus) fahren und nebenbei den Film “Barbie” schauen, der zur Unterhaltung auf großem Screen hinter dem Fahrer läuft
- Agua fresca heißt in Mexiko nicht frisches Wasser, sondern fruchtige Limonade. Die auch noch besonders lecker ist in all ihren Varianten. Das Gewissen freut sich jedenfalls darüber, dieses Getränk “Agua” zu nennen 😜
- Abends essen gehen und meine Begleitung ist barfuß und nur in T-Shirt und Unterhose unterwegs, weil ich alle anderen kurzen Hosen zuvor zum Wäscheservice gebracht habe. Ups 😇 (P.S.: Mein Robinson Crusoe, alias Freund findet’s super, it’s so wild 😂)
Ironie reist mit
- In der aktuellen Regenzeit mega Glück mit dem Wetter haben, weil es fast nie regnet. Wann aber so richtig und urplötzlich? Wenn ich gerade zum ersten Mal mit dem Roller unterwegs bin…
- Zum ersten Mal im Nudistenhotel übernachten und bis nachmittags lange Klamotten anhaben, weil mir von der Erkältung so kalt ist.
Casa Nudista – all out statt all in
An diesem Teil des Pazifiks gehört der Besuch der Surferdörfer Zipolite und Mazunte quasi zum Pflichtprogramm dazu. Zipolite ist bekannt für seine freie Körperkultur am Strand. Mazunte eilt der Ruf eines spirituellen Yogi-Ortes voraus. Beides gefällt uns.
Nach einiger Suche nach schönen Unterkünften ragt eine besonders heraus. Sowohl von den Bildern, als auch vom Preis-Leistungs-Angebot ist die Casa Nudista mit weitem Abstand ganz vorne – ein Nudistenhotel. Udo muss bei sowas nicht lange überredet werden, nur waren wir uns nur beide unsicher, ob ich mich so wohl fühlen würde. Aber was man nicht ausprobiert, kann man nicht wissen.
So klingeln wir schließlich an der Tür. Das Grundstück ist von einer hohen Mauer umgeben, also wird es das wohl sein. Uns wird aufgemacht und schon die Begrüßung und der Check-In erfolgen vom Mann im Adamskostüm. Herrlich, da weiß man doch gleich, was Phase ist 🤭 Wir bekommen ein wunderschönes Zimmer mit eigener Terrasse und ich bin völlig geflasht, wie schön alles ist.

Happy
Die gesamte Anlage ist ein einziger Traum. Ein wunderschön gepflegter Garten mit hohen Palmen und bunten Blumenbüschen. verwinkelte Wege zu den Unterbringungen, ein toller Pool in der Mitte, eine kleine Bar, tolle Chill-Musik. Ein absoluter Ort zum Wohlfühlen. Im eigenen Bad empfangen uns Pflegeproduke mit blumigen Düften und eine heiße Dusche mit ordentlich Wasserdruck – in diesen Gefilden ein maximaler Jackpot. Ich fühle mich wie im Schlaraffenland, nur vom eigenen “Grundstück” traue ich mich im ersten Moment noch nicht so runter. Bis zum Pool, rein und zurück setze ich mir für heute noch als Ziel – und erreiche es auch, wenn auch erst abends, als keiner mehr da ist 😇
Was ich beim Buchen nur nebenher gelesen hatte, ist der “Hetero-friendly”-Teil. Während ich das vor allem einladend für Paare verstanden habe, heißt es vor allem, dass wir uns in einem vorwiegenden Gay-Club befinden. Konkret bedeutet das: Ich bin der einzige weibliche Gast 😅 Wieder was gelernt. Bis auf meine anfängliche Geniertheit hat das aber keinerlei Auswirkungen. Im Gegenteil finde ich es immer mehr angenehm, wie normal alles ist. Wie respektvoll und tolerant der Umgang, wie wohlig die Atmosphäre. Außerdem ist es praktisch: Man muss sich nicht dauernd drum scheren, was man anzieht, ob das vollgeschwitzt ist, wie es sitzt und so weiter. Und dauernd Wäsche waschen ist auch nicht nötig 😂
Ein bisschen schmunzeln muss ich dann doch ab und zu, weil manche Situationen einfach zu ulkig sind: Der Kellner bringt uns das Frühstück zur Terrasse und hat nur Latschen an. Vor unserem Zimmer führt eine Rundtreppe zum Zimmer über uns und die Gäste gehen mehrfach am Tag hoch und runter und zeigen sich dabei in allen Formen von allen Richtungen 🤭
Wir verbringen eine rundum tolle Zeit, mit der Ausnahme, dass mir von der Erkältung am nächsten Tag super kalt ist und ich mit langen Klamotten bis mittags im Bett liege – welch Ironie…
Abschied again…
In Zipolite verbringen wir eine entspannte Zeit, bis Udo auch schon wieder zum Flieger los muss, um für ein Projekt erneut nach Europa zu fliegen. Wir genießen bis dahin noch schöne Abendessen direkt am Strand und Spaziergänge im weichen Sand.
Exotischer Moment: an unserem letzten gemeinsamen Abend am Strand haben wir gerade Essen bestellt, als wenige Meter vor uns ein Opossum quer über den Sand flitzt. Unser erstes in freier Natur und überhaupt – wir kannten die bisher nur aus Ice Age 😅
Unterschiede Pazifikküste-Karibikküste
- Während die Karibik mit weißen Stränden und türkisen Meer beeindruckt, ist der Sand am Pazifik ein bisschen dunkler und so auch das Meer. Das sorgt für wunderschöne vom Wasser kreierte Farbmuster im Sand.
- Das Wasser in der Karibik ist sehr lau und flach. Die Wellen kaum spürbar. Der Pazifik dagegen ist rauer und mit gutem Grund eine besonders beliebte Surferregion. Ein Spaziergang am Strand, endet wirklich IMMER damit, dass man bis zum Hintern nass ist, auch wenn man nur die Füße ins Wasser halten wollte
- Die Karibikregion ist sehr touristisch und kaum noch ursprünglich. Die Pazifikregion fühlt sich entspannter und weniger überfüllt an, bzw. die Besucher sind andere. Wo in der Karibik viel Botox und Silikon ins Auge fielen, sind es hier eher trainierte Surferkörper und vielleicht das eine oder andere Achselhaar mehr (Stichwort: naturbelassen…).
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