workation Diary

#13 San Cristobal ❤️

Meine 8-stündige Busfahrt verläuft angenehm, obwohl es mir ein bisschen gegraut hatte vor den vielen Stunden. Geschlafen habe ich zwar nicht viel, dafür war es recht entspannt. Als wir in San Cristobal de las Casas ankommen und es schon hell ist, sehe ich draußen die Leute in Daunenjacken und Stiefeln rumlaufen. Oh shit! Es sollte hier zwar kühler sein, aber für SO kalt hab ich gar nichts zum Anziehen dabei. Tatsächlich sind es über 20 Grad als ich aussteige – Zeit für Winterklamotten bei den Einheimischen 😂

Ich laufe die 1,6 km mit Sack und Pack die Bordsteine hoch und runter kreuz und quer durch den Ort zu meinem Hostel, und: stehe vor verschlossenen Türen. Ein Schlüsselkasten hängt am Eingang, den Code weiß ich nicht. Super. Genau, was man sich morgens halb sieben wünscht nach über 14 Stunden Unterwegssein. Auf Google Maps schaue ich nach dem nächsten Café und hoffe, dass das nicht die letzte Absteige sein wird. 

Im Gegenteil! Café Mooa empfängt mich mit toller Musik, hervorragendem Cappucchino, leckerem Bagel, einem Smoothie und super Wlan! Eine von zahlreichen angenehmen Überraschungen, die San Cristobal für mich bereithält. An diesen Ort kommen Reisende, die zwei bis drei Tage bleiben wollen, und bleiben dann mehrere Wochen. Ich sollte eine davon werden.   

Dinge, die San Cristobal zu meiner Lieblingsstadt in Mexiko gemacht haben

  • Angenehmes Wetter zwischen 18 und 28 Grad – keine extreme Hitze
  • Unzählige leckere Restaurants von lokaler bis internationaler Küche, viele vegetarische Optionen
  • Mega leckerer Kaffee aus der Region, ebenso wie Kakao und Schokolade
  • Preise, wie ich sie aus Mexiko in Erinnerung habe: Ein Doppelzimmer mit Frühstück für 15 bis 20 Euro, ein Dormbett mit Frühstück für 7 bis 10 Euro, ein leckeres 3-Gänge-Mittagsmenü mit Getränk für ca. 5 Euro – und kein extremer Touri-Aufschlag
  • Ein kultureller Mix von indigenen Communitys, Neu-Mexikanern (so hat sich der Stadtführer selbst genannt) und Reisenden/Expats, die miteinander leben und gegenseitig im Austausch sind. Also eher ein Miteinander statt Nebeneinander
  • Lokale Märkte und moderne Läden, Tohuwabohu mit tausend Geschäften in der einen Straße, ein ruhiger Park mit Palmen und Bänken zwei Straßen weiter
  • Ein super Mix aus Angeboten einer größeren Stadt und gleichzeitig nicht so hektisch, laut und grau wie eine Großstadt

Ist hier noch wer?

Nach einer Nacht, in der ich alleine im 8-er Zimmer geschlafen habe und auf dem gesamten Grundstück niemand sonst war (die Volontärin, die das Hostel sonst schmeißt, hatte offenbar woanders übernachtet), beschließe ich die Unterkunft zu wechseln. Hui, mal wieder wurde mein Kopf sehr kreativ, wer alles kommen und was alles im Dunkeln passieren könnte, so ganz alleine… in Mexiko und so…

Realität: Gar nichts ist passiert, außer, dass ich mich selbst vom Schlaf abgehalten habe. Trotzdem ist mir perspektivisch etwas mehr als nur meine eigene Gesellschaft doch lieber und ich ziehe um ins Posada del Abuelito (Gasthaus vom Opi). Dort ist mehr los und gleichzeitig hat jeder seine Ruhe nach Bedarf. Genau mein Ding. Ich bleibe daher auch ganze 10 Tage – eine Ewigkeit für unsere bisherigen Verhältnisse :)

Menschen und ihre Geschichten

In der Posada treffe ich über die Zeit die unterschiedlichsten Menschen, die mich immer wieder aufs Neue inspirieren.

  • Claudia, Lehrerin aus Berlin, Ende 40, die sich ihr zweites Sabbatjahr gönnt. Sie wollte eigentlich ein ganzes Jahr in Lateinamerika Reisen, hat aber in den Monaten vor Abreise einen Mann auf Tinder kennengelernt und verkürzt somit ihre Zeit im Ausland, um bei ihm zu sein. Wir quatschen jedes Mal, wenn wir uns sehen, stundenlang. Über alles. Es ist herrlich. Leider tauschen wir keine Nummern aus und so verläuft sich unser Kontakt schon nach kurzer Zeit mit ihrer Abreise. Finde ich immer noch schade. Claudia, schön war’s mit dir. Wenn du das hier liest, schreib mir doch mal :)
  • Ronan und Nina aus England, die mit ihrem süßen Sohn Luke, gerade eins geworden, für sechs Wochen in Mexiko unterwegs sind. Nach ein paar Probewochen in Europa, hat sich der Kleine ans Rumreisen gewöhnt und so ist auch Mexiko kein Problem für ihn. Er ist eines dieser super süßen Babys, das man am liebsten klauen würde :)
  • Lage und Christina, Studentinnen aus den Niederlanden und Deutschland, die ein Auslandssemester in Mexiko City machen und eigentlich die meiste Zeit im Land umher reisen, weil sie hauptsächlich online Veranstaltungen haben. So verbringen sie gerade einige Zeit in San Cristobal, bevor es weitergeht.
  • Elena, eine Halbgriechin, die aktuell in England wohnt, davor aber schon in sieben anderen Ländern wohnte. Aktuell reist sie alleine durch verschiedene Länder, weil sie zwischen zwei Jobs steht.

Wenn man mal Pläne macht…

Meine Zeit in San Cristobal fühlt sich nach Alltag an. Ich mache eigentlich nichts besonderes. Highlights sind meine Erkundungstouren zu Fuß durch die Straßen, ein Kinobesuch (urig klein für 50 Pesos, 2,60 Eur, inklusive Popcorn), Ausflüge zum Canyon Sumidero (außer mir nur Touristen im Bus und Boot) und ins indigene Dorf Chamula (außer mir nur Indigene im Bus) und selber Quesadillas machen im Hostel.

Udos Rückflug geht nach Guatemala City. Um ein Ausreiseticket vorweisen zu können (oftmals obligatorisch, um ins Land zu kommen) habe ich bereits von Deutschland aus einen Bus gebucht, der von der Küste aus nach Guatemala geht.

Weil ich aber mittlerweile woanders bin, recherchiere ich, wie ich das Busticket tauschen kann, um direkt von San Cristobal über die Grenze nach Guatemala zu kommen. Ergebnis: Gar nicht. Es gibt derzeit Straßensperren an der nächstgelegenen Grenze. Es gibt aktuell kein Durchkommen. Wenn überhaupt, dann muss ich nach Guatemala über den Ort fahren, von dem aus ich das Ticket eh schon habe – welch praktischer Zufall 😀

Mit Hin- und Herüberlegen, wie ich es am geschicktesten mache, buche ich schließlich eine 7-stündige Busfahrt bis zu dem Ort und dort wiederum ein Hotelzimmer (gibt’s leider nur in teuer), um am nächsten Tag sehr früh den Bus nach Guatemala zu nehmen. 

Blöd

Leider gibt es jeden Tag neue, halbgare Informationen, was in Guatemala eigentlich vor sich geht. Ich höre von immer mehr Reisenden, dass sie nicht mehr dorthin reisen werden. Aus der Presse gibt es, wenn, nur rückblickende Informationen, nichts darüber, wie es weitergehen wird. Ebenso von Reiseagenturen: “Heute ist es so, wie es morgen sein wird, wissen wir nicht”. Immer mehr Geschichten dringen zu mir durch, die sich alle ein bisschen nach Stille-Post anfühlen und ich keine Ahnung habe, was jetzt eigentlich wirklich Phase ist. 

Schließlich bietet mir Claudia aus meinem Zimmer an, sich bei einem Freund zu erkundigen, der gerade selbst in Guatemala ist. Meine erste Quelle aus erster Hand. Leider berichtet er, was ich nicht hören will: Das Land liegt quasi lahm. Die wichtigsten Verkehrsrouten sind an über 100 Stellen im Land durch Proteste gegen die Regierung blockiert. Wenn man im Land ist, geht es weder vor noch zurück, er selbst ist kurz zuvor mit einem der wenigen Flüge nach Costa Rica “geflohen”. Er empfiehlt dringend, nicht zu kommen. Na super. Das killt nun wirklich jeden Optimismus.

Wie wir es jetzt machen wollen, da Udos Rückflug in drei Tagen geht, wo, wie und wann wir uns sehen können, steht alles in den Sternen. Die Zeitverschiebung nach Deutschland macht es nicht leichter. Wenn ich nachmittags neue Infos erhalte, kann ich 10 Stunden auf Udos Antwort darauf warten… Wie man mich aus meiner Komfortzone bringt: So. 

Hauptsache zusammen

Schließlich beschließen wir, dass Udo erneut zu mir nach Mexiko kommt. Busse und Hotels nach Guatemala verfallen, dafür sind wir zusammen und in sicheren Gefilden. Außerdem können wir so ein bisschen länger und auch noch gemeinsam in meiner neuen Lieblingsstadt verweilen. Ich zeige Udo die urigsten Restaurants, schönsten Cafés und wir gehen ins Kakao Museum nebenan, wo wir ungefähr 30 Schokoladen probieren können, die hier hergestellt werden und die alle Kakao aus dieser Region enthalten. Kakao gibt es hier schon seit tausenden von Jahren und er zählt zu den Heiligtümern der Maya-Kultur. Wir sind davon einigermaßen begeistert und tauschen bei der Gelegenheit den einen oder anderen Peso gegen ein paar leckere Tafeln Schokolade – ist ja schließlich ein lokales Kulturgut 😋 🍫


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Kommentare

3 Antworten zu „#13 San Cristobal ❤️“

  1. Avatar von Renate und Arwed
    Renate und Arwed

    Super! Habe die Lektüre sehr genossen! Kann mich gut in deine Lage versetzen, so ganz alleine in Mexiko, Stichwort: Kopfkino und was alles so passieren könnte! Zum Glück ist nichts dergleichen passiert….Tolle Bilder!

    1. Avatar von Anna
      Anna

      Danke dir 🥰
      Ja, Kopfkino reist gerne mit 😉

      1. Avatar von Anna
        Anna

        Wie schön, freut mich, wenn dir Bilder und Bericht gefallen 😊

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