Next Stop: Cali
Schließlich verlassen wir das Eje Cafetero, die Kaffeeregion, in der wir ironischerweise gar nicht so viel Kaffee gesehen haben, was den Besuch aber nicht weniger lohnenswert gemacht hat. Die verschiedenen landschaftlichen Formationen, die Biodiversität und vor allem Farbenpracht in Flora und Fauna kombiniert mit moderatem, warmen Klima und immer wieder gutem Essen – absolute Reiseempfehlung.
Für einen guten Ausgangspunkt für die Weiterreise gen Süden wählen wir die Stadt Cali und finden dankenswerter Weise zwei moderne, charmante, mit hervorragender Internetverbindung und anderen Annehmlichkeiten ausgestatteten AirBnBs. Nach den Reisehöhepunkten der letzten Tage folgt hier eine weitere längere Arbeitsphase am Stück.
Workation Diary is on!
Unser produktivstes Schmankerl in dieser Zeit: UNSER REISEBLOG GEHT LIVE!!! 🥳
Nach vielen Streitigkeiten mit der Technik und etlichen Teufelchen, die im Detail lauerten, kann ab jetzt unser Leserkreis von aktuell 2 (danke Oma und Opa 😘) auf weitere Familienmitglieder, Freunde und Reiseinteressierte ausgedehnt werden und wir freuen uns mega.
Dieses und weitere Arbeitsthemen halten uns derweil so in Schach, dass wir in der Salsa-Hauptstadt Cali nicht mal dazu kommen, eine Runde über’s Parkett – oder einen beliebig anderen Fußboden – zu schwingen. Mittags eine Runde um den Block oder durch den Park und abends essen gehen sind die Höhepunkte unserer Aktivitäten außer Haus.
Fun Fact oder Ironie?!
Unsere zweite Unterkunft verfügt über einen rein elektronischen Einlass mit Code und Karte an zwei Stellen. Selbst von innen kann man die Türen nicht manuell öffnen. “Und was ist bei Stromausfall” frage ich so dahin, als wir uns mit der Örtlichkeit vertraut machen. Stromausfall ist bisher nur ein oder zweimal auf der ganzen Reise vorgekommen und gehört zum Glück nicht (mehr) zum lateinamerikanischen Reisealltag.
Wann aber bestätigt die Ausnahme die Regel?

Wenn wir in einem Apartment hausen, dass nur elektronisch zu öffnen ist und feste, gefängnisartige Gitter vor jedem Fenster hat. Dann ist mal eben die gesamte Straße dunkel, Hundebesitzer kommen nach der Gassirunde nicht mehr in ihr Haus und Gäste wie wir befinden sich temporär buchstäblich hinter Gittern.
Hehe, denkt sich in diesem Moment mein Monkey Mind und reibt sich schelmisch die Hände. Was könnten wir uns denn jetzt mal für ein schönes Horrorszenario überlegen? 😈 Wir könnten ja mal den Gedanken “Feuer” ins Spiel bringen. Was würden wir denn tun, wenn es anfängt zu brennen und es hier nirgends raus geht???…
Zum Glück passiert GAR nichts, außer ein bisschen beschleunigter Puls und Kopfkino auf meiner Seite (Udo war natürlich total gechillt die ganze Zeit 😂, der hat seinen Money Mind gar nicht erst auf die Reise mitgenommen) und nach anderthalb oder zwei Stunden ist der Strom auch wieder da.
Es ist sooooooo schööööööööön 😍
“Da musst du aber noch handeln, sonst reicht’s nicht mehr für’s Abendessen”, heißt es von Udo, als wir eines Abends eine Art spontanen Bazar rund um die Restaurantecke finden und ich mich spontan in eines der Kleider einer lokalen Designerin schockverliebe. In Gedanken trage ich es schon auf einem der festlichen Anlässe, der im kommenden Jahr in Deutschland auf uns wartet. Obwohl nicht mehr als eine weitere Taschentuchpackung in meinen prall gefüllten Koffer passt, muss dieses lange und üppig bestoffte Kleid einfach mit. Den Reiserucksack von meinem Freund kann man ja schließlich erweitern… 😇
Good Bye Cali, hello…?
Nach einer sehr produktiven Phase auf der einen Seite, aber außer arbeiten, essen und schlafen quasi kaum etwas anderem, werden unsere Apartmentwände zunehmend enger und es zieht uns weiter. Beide wollen wir los und wieder ein bisschen mehr Reise- und Abenteuerluft einatmen. Wir stehen quasi in den Startlöchern. Nur: wohin???
Neben all der Produktivität in anderen Projekten ist die Reiseplanung irgendwie hinten runter gefallen. Diesen Moment hatten wir schon häufiger: Ein bisschen enttäuscht stellen wir fest, dass keine Heinzelmännchen oder Hauselfen in der Zwischenzeit am Werk waren und uns einen akkuraten Reiseplan vorlegen. In dieser Hinsicht heißt es für uns beide: selbst und ständig.
Das Wunschkonzert empfiehlt uns als nächstes die Galapagos Inseln. Schnell finden wir aber heraus, dass dieser Abstecher mehr Recherche, Planung und Vorbereitung braucht, als wir gerade investieren wollen. Wir würden nämlich gerne morgen los. Durch anstehende Termine ist die nächste Reisephase auch zeitlich und örtlich beschränkt und wir brauchen etwas, was wir jetzt relativ „easy“ machen können.
Unsere Wahl fällt auf: PERU!!! Mal wieder habe ich keine richtige Ahnung, was uns da erwarten wird, aber das Gefühl ist das ganz gut.
Morgen
Flughafen in Cali morgens halb 7. „Do you have an outbound flight from Lima?“ – ob wir einen Ausreiseflug aus Lima in Peru gebucht haben, möchte der nette junge Mann am Check-In Schalter von uns wissen. Er scheint einer von den ambitionierten zu sein. Wahrscheinlich noch relativ frisch auf seiner aktuellen Position. Einer, der es ganz genau nimmt und ALLES richtig machen will. Sonst ist uns dieser Typus Mensch vor allem in verschiedenen Unterkünften begegnet, gerne bei Volontären, die uns – höchst motiviert alle Regeln zu befolgen – gerne stundenlang und bis zur letzten Minute warten lassen, um ein Zimmer zu beziehen, das bereits seit morgens bezugsfertig ist, weil ja „erst ab 15 Uhr Check-In ist“. Einer von dieser motivierten Sorte steht uns nun unpraktischerweise am Schalter des Flughafens gegenüber und guckt uns erwartungsvoll an. Ääähm, nö. Ausreiseticket aus Peru haben wir keines.
Erneut feiert die Ironie einen ihrer großen Moment auf dieser Reise. Hatten wir bisher bei JEDEM Grenzübergang irgendeine Art Ausreiseticket zum Vorzeigen, nach dem bisher NIEMAND gefragt hat, stehen wir jetzt, wo jemand fragt, mit leeren Händen da. Dass wir bereits beim Check-In des Ausreiseflugs einen Nachweis für das übernächste Land brauchen, erwischt uns in wahrstem Sinne unvorbereitet. Hatten wir uns doch vorgenommen, den langen Zwischenstopp in Panama dafür zu nutzen, unsere Ankunft und weitere Planung in Peru zu organisieren.
Dann jetzt nach Bolivien, oder?
Erneut gut, dass wir mit ordentlich Zeitpuffer los sind, sonst hätten wir jetzt schon ein riesen Problem. Wer nämlich auf Nachfrage kein Ausreiseticket vorzeigen kann, hat zwei Optionen: 1) Schnell eins buchen 2) Nicht mitfliegen.
Wir entscheiden uns für Option 1. Zum Glück hatten wir zwischendurch schon mal auf die Karte geguckt, wie es in Peru und drum herum aussieht. Und zum Glück gibt’s hier gutes Wlan am Flughafen. So gelingt es uns relativ zügig, online einige Busverbindungen rauszufinden und schließlich eine möglichst günstige Verbindung von Cusco in Peru nach La Paz in Bolivien zu buchen. So auf die Schnelle, unter Zeitdruck und mit einem noch nicht ganz wachen Kopf morgens um halb 7 am Flughafen gibt es angenehmere Aufgaben zu lösen, aber wir haben schließlich unsere Tickets parat und können endlich in unseren Flug einchecken. Denn vor La Paz stehen erstmal noch ein Ausflug nach Panama und das ganze Land Peru an…
Gedanke: Schon verrückt, dass irgendwie immer die passenden Komponenten vorhanden sind, die es zur Lösung des aktuellen Problems braucht. In Mexiko am Flughafen hatte ich (durch Zufall?) genügend Geld in bar, Zeit, eine mexikanische Handynummer und angestelltes Handy am Start, um in letzter Minute mein gecanceltes Flugticket neu zu buchen. Hier in Kolumbien haben wir gutes Internet, Ideen für die Ausreise und hinreichend Zeit, ein Ausreiseticket zu buchen.
Irgendwie klappt es immer. Das hat die Reise schon vielfach gezeigt.
Gedanken und Eindrücke zu Kolumbien
Ist mir aufgefallen
- Wenig bis kein Müll an den Straßenrändern
- Wenige Raucher, kaum Kippen auf der Straße
- Häufiger feste Zahnspangen auch bei Erwachsenen (50+)
- Alle fahren mit Helm auf Zweirädern mit 1-2 Personen (nicht mit 5 und noch drei Hunden).
- Gott ist auch hier sehr wichtig. Auf die Frage “Wie geht es dir?” heißt es hier “Gott sei Dank gut.”
- Eindruck der Leute: sehr nett, zuvorkommend, willkommen heißend, kein genervtes/gelangweiltes Servicepersonal, wie zuvor vielfach erlebt
- Durchweg gute Fahrer in Bussen, Taxen & Co. “Cómo conduzco?” → Fahrstil kann öffentlich online bewertet werden
- Lokale Redewendungen: “A la orden” (sinngemäß “zu Diensten”), hört man an jeder Ecke, in jedem Restaurant, in jedem Laden. “Listo” (fertig, bereit) am Ende von gefühlt jedem zweiten Satz. Niedlich: “Donde está mi perrito?” (zur Begrüßung vom Hund: Wo ist mein Hündchen? → wie in Deutschland 😆)
Shitsandwich
- Ich verliere meinen goldenen Ring im Hostel (bzw. gebe ihn an den Langfinger ab, der nach mir im Bad ist). Von allen Gegenständen, die wir dabei haben, verliere ich ausgerechnet meinen liebsten 😞
- Straßenlärm. Kein rein kolumbianisches Phänomen, sondern bisher erlebter Alltag in nahezu allen Ländern und Orten. So laut, dass man sich oft auf der Straße nebeneinander laufend nicht verstehen kann. Auch bei Geschäften an Straßenrändern oder Verkaufsbuden was zu kaufen, wofür etwas besprochen werden muss (z.B. lokale Simkarte mit Datenvolumen drauf), ist häufig gar nicht möglich, weil es so laut ist. Die krassesten Lärmmaschinen: Lastwagen, die sich mit Gashebel im Anschlag schwerfällig die Straßen hinauf schleppen. Oder Motorräder, die mit ihren lauthals knatternden Motoren nicht nur die Straßen hoch, sondern durch die Ohren auch direkt in mein Stresszentrum hinein beschleunigen. Jegliche Idylle und der Genuss einen süßen Moments kann so leider mit sofortiger Wirkung unterbrochen oder ganz zerstört werden. Neben extrem schwüler Hitze und riesen Mückenschwärmen bildet schepperndes Motorengetöse einen weiteren Teil der Kehrseite in Paradisien.
Worauf ich mich zuhause freue
- meine Haarbürste benutzen
- meinen Schmuck und meine Uhr tragen
- mal wieder andere (schicke) Schuhe anziehen
- das eine oder andere neue Teil kaufen und dafür Platz im Schrank haben
- mein neues Parfüm benutzen
- Den Luxus genießen und gutes Wasser aus dem Hahn trinken. Hier meist voller Chlor aus der Leitung oder Geschmack nach künstlichen (nicht leckeren) Zusätzen im gekauften Wasser.
Glücksmomente hier
- morgens mit Blick ins Grüne aufwachen, oder mit Flussrauschen und Vogelgezwitscher (oft leider auch mit Stadtlärm oder Hundegebell)
- Vom Bett aus barfuß direkt in den Garten gehen für Meditation und Yoga – im Dezember!
- In einem kuscheligen, gut riechenden, warmen Bett im Bambuszimmer aufwachen, wenn es draußen noch kühl ist
- Zugucken, wie mein Freund im Fluss badet und mit dem Hund am Wasser spielt
- Exotische bunte Pflanzen um mich herum sehen
- Ein Lavendelspray als Geschenk im Hotelzimmer bekommen
- Mit Naturkosmetik Produkten eine herrliche heiße Regendusche nehmen
- Auf den Weg machen, um einen besonderen roten Vogel zu sehen und ihn dann tatsächlich in den Baumwipfeln entdecken
- Denken, dass man im Bus anhand der Ticketnummer in der letzten Reihe sitzen wird (was bei Bergstraßen das ganz kurze Streichholz ist) und dann vom Fahrer erfahren, dass man sich die Plätze doch selbst aussuchen kann.
- Ständig von irgendwas oder irgendwem überrascht werden
Nächster Halt: Panama City

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