workation Diary

#4 Mee(h)r auf der Isla

Tag 5: Los bebés

Den nächsten Tag wollen wir ruhiger angehen, die bisherigen Eindrücke erstmal sacken lassen. So denken wir. Kaum fertig mit dem morgendlichen Yoga am Strand, ruft mir Udo im Vorbeijoggen zu: „am Strand um die Ecke sammelt gerade ein Guide Schildkrötenbabys ein. Geh mal schnell hin, vielleicht zeigt er sie dir auch nochmal.“ 

WHAAAAAAAAT? 😳

Eigentlich hatten wir verstanden, dass die Eier nach dem Legen eingesammelt und zur Auffangstation gebracht werden. Offenbar nicht. Kaum um die Ecke gebogen sehe ich schon zwei Männer im Sand, wenige Meter neben der Stelle, wo zuvor die große Schildkröte ihre Eier gelegt hatte. 

Ich frage freundlich und spreche kaum zu Ende, da winken sie mich schon heran. 

Ein Schildkrötenbaby nach dem anderen gräbt einer der Männer nach und nach aus dem Gelege aus, schaut es von allen Seiten an und legt es dann zu seinen Geschwistern vor einen Eimer. Ich lerne, dass die Babys anfangs ein paar Minuten Zeit brauchen, um Kräfte zu sammeln und ihre Lebensgeister zu wecken. Danach kommen sie in den Eimer zu ihren ca. 50 herum zappelden Geschwistern.

Zwei Monate haben die Eier hier im Sand verbracht. Schließlich schafft ein besonders starkes Baby den Weg durch den Sand an die Oberfläche, was für die Guides das Zeichen ist, die anderen auszugraben. Für einige Zeit kommen sie dann in die Tortugranja, die Auffangstation für Schildkröten, damit sie größer und stärker werden können, um ihre Überlebenschancen im Meer zu erhöhen. In diesem Moment bin ich für jedes spanische Wort dankbar, das ich jemals gelernt habe und jetzt verstehen kann. Einfach nur schön.

Ist das zu glauben? Hier am Strand? Wenige Meter neben Hotelmauern aus Beton? Wenn man überlegt, dass jeden morgen etliche Spuren von großen Schildkröten zu sehen sind, die zur Eiablage herkommen – und das seit Monaten – kann man sich nur ausmalen, wie viele tausend Eier hier in einem Meter Tiefe im Sand liegen, über den täglich tausende Touristenfüße marschieren. Und wer nicht um Mitternacht oder morgens um halb 7 zufällig an dieser Stelle ist, bekommt davon überhaupt nichts mit. 

Wie gut, dass mein lieber Freund joggen als seine Morgenroutine gewählt hat und fröhlich jeden Morgen eine Erkundungstour läuft. Für unsere Erlebnisschatzkiste und Fotosammlung jetzt schon ein wahrer Gewinn 😁

Zurück in der Unterkunft will ich das Erlebte unbedingt mit jemandem teilen und spreche einer Freundin eine Sprachnachricht drauf: „Unfassbar, ich hatte mir für die gesamte Reise gewünscht, große Schildkröten beim Eierlegen zu beobachten, Babys beim Schlüpfen und Walhaie im offenen Meer. Ich dachte, mit Glück klappt irgendwann eins davon. Es ist jetzt Tag 5 und wir hatten schon ALLES!!! Ich kann quasi schon wieder heim 😂“.

Schnorcheln im tropischen Regen

Und das war’s noch nicht für diesen Tag. Es ist nicht mal 8 Uhr morgens. Beim Frühstück spricht uns ein mexikanisch-deutsches Pärchen an, ob wir sie zu einer privaten Schnorcheltour begleiten mögen, sie wollen in ca. einer Stunde los. Sowas werden wir nicht alle Tage gefragt, also klar!!! 

Bis zum Nachmittag verbringen wir dann zum Teil sehr verregnete Stunden (Stichwort Regenzeit) im Meer. Unter Wasser ist das aber nicht zu merken und es bleibt auch warm. Bunte Fische und ein Unterwassermuseum mit Skulpturen als künstliches Riff bilden die Highlights dieser Tour. Und natürlich Udos obligatorischer Sprung vom Boot :P

Nach einem gemeinsamen mexikanischen Mittagessen und vielen erzählten Geschichten trennen sich unsere Wege dann auch schon wieder und wir ziehen weiter an den südlichen Teil der Insel, wo wir Quartier beziehen und ich erstmal schlafen gehe.

In tropischer Umgebung fühlt es sich völlig normal an, den ganzen Tag draußen zu verbringen, etwas zu unternehmen und – für uns – außergewöhnliche Dinge in kurzen zeitlichen Abständen zu erleben. Dass wir teilweise schon um 17 Uhr vollkommen müde sind, zeigt dann immer wieder, dass Körper und Geist ganz schön mit der Verarbeitung zu tun haben. 

Zum Glück können wir in der neuen Location richtig gut entspannen und eine Art kleine Alltagsroutine aufbauen – zumindest für die nächsten 5 Tage.

Tage 5-10: Nomads Experience

Die Unterkunft im Nomads an der Südküste der Isla Mujeres bietet uns aller beste Bedingungen: Eine atemberaubende Kulisse und großartige Location direkt am Meer mit privatem Strand und Steg, der zum Yoga bei Sonnenaufgang und eine Runde auf dem SUP bei Sonnenuntergang einlädt.

Im Nomads Hostel & Beach Club besteht unser “Alltag” aus: 

  • Morgenroutine am Strand ab 6:15 Uhr (da ab 7:30 schon zu heiß für Sport): Yoga & Hula Hoop bei Anna, joggen & schwimmen bei Udo
  • Tiere im Wasser entdecken, u.a. Kugelfische, riesen Seesterne, Seeigel, verschiedene Fischschwärme, ein ca. 1 Meter langer Fisch, eine Seeschlange (hat nur Udo gesehen und mir erst bei Abreise erzählt)
  • Selbstgemachtem Frühstück: Haferflocken, Joghurt, Mangosaft und Kaffee
  • Working Einheit am Strand unter Palmen mit Musik (manchmal zu laut)
  • Ab und zu vor Mücken und Hitze ins klimatisierte Zimmer flüchten
  • Strandspaziergang oder Erkundung durch den Ort, z.B. zur Punta Sur, dem südlichsten Punkt der Insel
  • Gefühlte 1.000 Fotos am Tag machen
  • Abwechselnd mit Insektenspray einsprühen und Gel auf die Stiche schmieren
  • Abendessen gehen in einem Restaurant mit lokaler Küche. Unser Favorit: La Casa del Ceviche mit leckerem Essen, toller Dachterrasse und super Ausblick

Besonders schön finde ich in dieser Zeit, dass sich langsam das Gefühl von Normalität bei uns einstellt. Wir latschen hier halt so durch Mexiko, was denn sonst? 🤪 

Das Spannende auf längeren Reisen ist auch, dass sich Verbindungen zu anderen Menschen viel schneller und tiefer aufbauen, als zu Hause in Deutschland. Das zweite Mal gesehen, fühlt sich hier schnell nach jahrelanger Freundschaft an. So sind wir nach kurzem schon Teil einer kleinen internationalen Gemeinschaft im Hostel, innerhalb derer wir gemeinsame Zeit verbringen, Tipps austauschen und Erlebnisse teilen. 

Exkurs: Plans are made in the hostel

Obwohl wir nicht mehr “nur” auf ein Studentenbudget angewiesen sind, ist schon nach der ersten Nacht im Hotel in Cancun klar: Das ist nichts. 

Isoliert für sich, ohne richtige Ahnung und nur mit löchrigen, sieben Jahre alten Erinnerungen bestückt, war es schwierig für uns, uns gut zurechtzufinden: Wo ist was? Wo/wie kriegt man gutes Internet? Welche Unterkunft ist wirklich schön und nicht nur auf den Bildern? Welche Aktivitäten lohnen sich, welche sind überbewertet? Wo kann man gut essen? Was kostet was? Welche Länder haben andere Leute noch “gemacht” (wie es im Reisendenjargon heißt)? 

All diese Infos sind am wertvollsten aus erster Hand, somit zog es uns schon am zweiten Tag in ein Hostel. Dort ist einfach mehr soziales Leben zu finden als in Hotels. Die Menschen sind offener, viele reisen über mehrere Monate oder Jahre und wollen sich unterwegs, wie wir, einen Alltag aufbauen. Sie befinden sich nicht in einer zwei-Wochen-all-inclusive-Urlaub-Blase – wie die meisten Hotelgäste.

Wenn auch mit teilweise einigen Abstrichen im Comfort und der eigenen Comfortzone, lohnte sich die Entscheidung für ein Hostel schon ab dem ersten Tag. 

Tipps & Aktivitäten durch und mit anderen Hostelbewohnern: 

  • Private Schnorcheltour mit Boot, Guide und Kapitän vor der Küste der Isla Mujeres
  • Tipps zu versteckten Stränden und tollen Poolanlagen 
  • Gemeinsame Yoga und Hula Hoop Stunden mit Coaching
  • Tiefgreifende Gespräche über das Leben und die “großen Fragen” beim ersten Kennenlernen
  • Private Tour im Mietwagen zu Maya Ruinen und Cenoten (inkl. dem Abenteuer einer leeren Autobatterie auf dem Rückweg)
  • Tipps zu Preisen und Abläufen von bestimmten Touren
  • Tipps für Unterkünfte und Aktivitäten in den nächsten Orten
  • Einladungen zu Leuten nach Hause, u.a. nach New York City

Der Nachteil: So schnell, wie sich Gemeinschaften bilden, lösen sie sich auch wieder auf. Abschied nehmen und loslassen sind definitiv Fähigkeiten, die auf längeren Reisen vielfach trainiert werden. So auch nach 5 Tagen bei uns. Viele von unseren neuen Bekanntschaften sind bereits weitergezogen und auch wir orientieren uns wieder gen Festland.


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