workation Diary

#50 Johnny Depp & Co.

Willkommen im Paradies

Udo und ich können uns bei unserem Segeltörn in der Karibik an den ganzen Eindrücken auf See gar nicht sattsehen. Es fällt uns nach jedem Stopp ein bisschen schwer, weiterzusegeln, weil einfach alles SO UNGLAUBLICH SCHÖN ist: Das glitzernde Wasser, die verschiedenen Inseln, die vielseitige Unterwasserwelt. Ganz aus dem Häuschen sind wir jedes Mal, wenn wir eine einzelne Schildkröte entdecken oder einen glitzernden Fisch.

„Wartet mal ab“, heißt es in diesen Momenten von unserer Crew. „Wo wir hinwollen, ist es noch besser“. Na gut, denken wir uns immer und fühlen uns trotzdem ein bisschen schmollig, weil wir gerne noch länger geblieben wären.

Bis wir schließlich an unserem Ziel ankommen. Wie schon oft auf unserer über 7-monatigen Reise durch Lateinamerika haben wir keine Ahnung, was uns erwartet.

Vorteil: Ohne bestimmte Erwartungen erreichen Überraschungen, Freude und Begeisterung oft noch viel höhere Dimensionen.

Das ist doch aus… Fluch der Karibik!!!

Als wir die Tobago Cays erreichen, kann ich es gar nicht glauben. Wirklich?

Ich erkenne es sofort. Die Erinnerungen sind präzise. Wir befinden uns genau da, wo 2002 der erste Film von Fluch der Karibik gedreht wurde! Vor uns liegt die kleine Rum-Insel, auf der Johnny Depp und Keira Knightley im Film ausgesetzt wurden. Um gefunden zu werden, macht die junge Elisabeth Swann am Ende ein riesen Feuer mit allen Rumvorräten, die Captain Jack Sparrow eigentlich noch zum Betrinken vorgesehen hatte…

Die Insel liegt in Sichtweite genau vor uns. Sie heißt in Wirklichkeit Petit Tabac und nicht Ruminsel. Weiß hier trotzdem jeder, was man meint, wenn man Ruminsel sagt 😂

Mega. Ich find’s großartig. Der Ort entfacht gleich eine ganz besondere Energie. Zur Einstimmung schaue ich den Hollywood Film direkt nochmal (danke, liebes Starlink Internet mitten auf dem Meer 🙏).

Insgesamt ist es gefühlt das 20. Mal, dass ich den Film sehe. Viele Passagen kann ich immer noch mitreden. Als Teenager war ich völlig hingerissen von Orlando Bloom und Johnny Depp als gewiefte Piraten im Kampf um die schöne Keira Knightley. Dabei abenteuerlich an den schönsten Orten der Welt umher segeln. Hach, wie wunderbar konnte ich damals in Sehnsüchten dahin schwelgen.

Und jetzt bin ich selber hier. Und kann statt der Hollywood Schauspieler im Film meinen eigenen Freund mit seinen lässigen Haaren und der gebräunten Haut anschmachten. Ein bisschen sieht er gerade auch aus wie ein Pirat 😋 Es braucht gar keinen Film. Das echte Leben ist viel besser ❤️  


Meinst du, wir finden den Rum?

In Begleitung meines Piraten machen wir uns im kleinen Boot auf zur Insel Petit Tabac und lassen uns für ein paar Stunden dort absetzen. Ganz allein, ganz verlassen, ganz urig. Wirklich ein bisschen wie bei Miss Swann und Captain Jack Sparrow 😊

Die Kisten mit Rum finden wir zwar nicht (obwohl wir genau an der Stelle zwischen den Palmen suchen), dafür finden wir Muscheln ohne Ende und im seichten Wasser entdecken wir sogar ein paar kleine Haie.

Welch karibisches Lebensgefühl voller Freiheit und Abenteuer.

Schön, schöner, Tobago Cays

Mit Hollywood Feeling im Gepäck gehen wir zurück an Bord der IKIGAI und lassen die neuen Eindrücke auf uns wirken. Umgeben sind wir ringsum von türkis-blauem Wasser, wie es dem karibischen Klischee nicht besser entsprechen könnte. Hier braucht man keine fancy Fotofilter. Die Farben sehen wirklich so intensiv und klar aus, wie auf den Bildern.

Der Knaller: Es gibt hier überhaupt keine Mücken!!! Nach über 500 Stichen binnen einer Woche am Amazonas in Peru fühlt sich das hier noch mal extra paradiesisch an. Ebenso der Regen: Während es in anderen Gegenden auch am Tag teils heftig schüttete, regnet es hier nur nachts manchmal kurz, tagsüber kriegt man davon gar nichts mit.

Wir bleiben direkt hier vor Anker und verbringen ein paar ruhige Tage und Nächte inmitten der Natur. So ganz anders, als wir es bisher hatten. Auf dieser Reise haben wir schon im tiefsten Punkt des 1000 Meter tiefen Colca Canyons in Peru übernachtet und auf über 3000 Metern Höhe im Hochgebirge von Bolivien. Auch sind uns Übernachtungen im kolumbianischen Dschungel mit Moskitonetzen statt Hauswänden bereits vertraut. Aber auf dem Meer, nur mit ein paar unbewohnten Inselchen als einzige Landflächen in Sicht – das ist eine vollkommen neue Erfahrung.

Was passiert eigentlich, wenn hier jetzt „irgendwas ist“? Weit ab vom Schuss?

Bevor mein lieber Monkey Mind erst richtig anfangen kann, hier auf dem Boot kreative Horrorszenarien zu entwerfen, lenke ich die Aufmerksamkeit lieber mal auf das Glück, diesen paradiesischen Ort überhaupt besuchen und erleben zu dürfen. Wir sind ja auch nicht alleine hier. Um uns herum ankern noch weitere Boote und im Zweifel kann man bestimmt ganz laut rufen und dann kommt sicher Rettung 😇😂

Udo hat sich derweil schonmal die Taucherflossen angezogen. An Worst Case-Szenarien verliert er keine Gedanken, da haben wir eine ganz klare Aufgabenverteilung 😂 Er überlegt eher, wie wir mit der Insta 360 Kamera all die fantastischen Eindrücke auf und unter Wasser am besten einfangen und festhalten können, damit wir noch lange von den Erinnerungen zehren können.

Es lohnt sich, mutig zu sein

Mutig heißt nicht ohne Angst. Mutig heißt mit Angst. Auch wenn die mal kurz an Bord warten darf, wenn wir gerade was richtig Cooles vorhaben. Da ist sie trotzdem. 

Wasser war und ist zum Schwimmen und Tauchen nicht so wirklich mein Element. Zumindest nicht komplett. Wohl dosiert, wohl temperiert, klar sichtbar, brusttief: ok. Als Letzte in der Klasse habe ich damals den Freischwimmer gemacht und auch nur, weil das in der Schule verpflichtend war. Tauchen konnte ich nie besonders gut, auch nicht kraulen. Auch nicht lange Bahnen schwimmen. Also insgesamt ich im Wasser: geht so. 

Dass ich alleine im offenen Meer schwimmend dauernd denke, jeden Moment könnte der weiße Hai von hinten kommen: selbstredend. 

Doch es gibt Momente und Gelegenheiten, die sind so besonders, so einmalig, da kann ich auf meinen Monkey Mind keine Rücksicht nehmen. Schnorcheln mit Wahlhaien in Mexiko war ein solcher Moment. Und an der Karibikküste in Kolumbien das erste Mal mit Ausrüstung tauchen war so einer. 

Hier vor der Küste der Grenadinen, auch hier dürfen meine ängstlichen Zipperlein mal kurz an Bord warten. Denn ich will auf keinen Fall die gigantische Möglichkeit verpassen, an einem der schönsten Orte der Welt mit Schildkröten zu schwimmen und sie in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten. Und Rochen. Und lustige Fischis. Und sogar ein paar Haie – aber nur kleine 😉 Und mein Freund ist immer in Reichweite natürlich; wir müssen das mutige Wagnis ja nicht gleich übertreiben 😅.

Über alle Maßen

Wir hatten uns gewünscht, noch etwas besonderes zu erleben, was wir auf dieser Reise bisher noch nicht so hatten. Die Messlatte lag ganz schön hoch. Und erneut hat das Universum genau zugehört. Und mal wieder direkt geliefert:

Stundenlang in karibischer Idylle bei Sonnenschein und leichter Brise mit Meerestieren zu schwimmen, das ist einfach unbeschreiblich. Kein Lärm, keine Störungen, keine Überfüllung durch Massen an Touris. Einfach nur wir zwei, das Wasser und die Tiere, denen wir so nah kommen dürfen, dass sie nur eine Armlänge entfernt sind.

Dazu genug Zeit, um in Ruhe alle Eindrücke in der Kamera und im Langzeitgedächtnis abzuspeichern. Wir sehen einen großen dunkelblauen Fisch mit Glitzerpunkten, ganz viele kleine Glitzerfischis, mehrere ulkige Kofferfische, mindestens 50 Schildkröten am Tag (unser liebstes Fotomotiv, die warten immer so schön entspannt, bis man alles gut im Kasten hat 😊), viele Stachelrochen und schwarze Rochen mit weißen Punkten, Delfine in der Ferne, Möwen mit schwarzen Schnäbeln und Füßen und sogar einen handgroßen braunen Oktopus, der aus einer Muschel herauskrabbelt, die wir am Meeresgrund finden.

Udo meint, wir haben hier den ganzen Tag ein 360 Grad Suchbild: Ständig sehen wir Tiere auf und unter Wasser: „Guck mal, da sind voll viele, und da, guck mal dort drüben! Und hier auch gleich“…

Glück im Pech: die Crew kränkelt ausgerechnet an diesem traumhaften Ort und hält sich 23 Stunden am Tag in der Kajüte auf. So haben wir das ganze Paradies quasi exklusiv für uns ganz allein. Weiterer Bonus: Unsere Rückreise „verzögert“ sich dadurch um insgesamt vier Tage. Es tut uns zwar leid für die anderen beiden. Trotzdem sind wir kein bisschen traurig darüber 😜

Karibisches Inselhopping

Unser Rückweg führt schließlich an der atlantischen Seite von den Tobago Cays zurück nach Martinique.

Mit Wind in den Haaren und Sonne auf der Haut (nicht zu lange 🥵) segeln wir über die Wellen. Voll seetauglich fühle ich mich nach gut einer Woche an Bord der IKIGAI. Ganz professionell drücke ich den Knopf für das vordere Segel, die Genova, die sich gleichmäßig in ihrer ganzen Länge nach oben ausrollt – ok, also der Captain sagt, welcher Knopf, und ich drücke und gucke dann, was passiert… 😂

Für ein paar Besorgungen ankern wir zuerst vor Union Island, einer sehr beliebten Insel für Wassersportler. Die lokalen Preise lassen uns innerlich einen Purzelbaum rückwärts schlagen: Für eine Wassermelone, ein bisschen Obst und Gemüse zahlen wir umgerechnet ungefähr 75 Euro. Donnerwetter. Außer uns zuckt hier sonst niemand mit der Wimper, scheinen also völlig normale Preise zu sein. Für uns doch erstmal gewöhnungsbedürftig, lag das Preisniveau in Südamerika doch meist deutlich unter als über dem deutschen Standard.

Schlange im Paradies

Bei aller Schönheit wird uns hier wieder ein globales und allgegenwärtiges Problem deutlich: Der Müll. Vor allem Plastikverpackungen machen einen großen Teil des Problems aus. Nicht nur von der lokalen Bevölkerung und den Touristen. Auch angeschwemmt vom Meer haben wir (Plastik-)Müllberge an JEDEM Ort der Reise gefunden. Auch hier…

Willkommen in Port Royal

Weiter geht es mit dem Wind Richtung Insel Sankt Vincent, wo eine weitere Überraschung auf uns wartet. Zunächst aber erstmal der malerische Weg dahin. Sonne, blaues Meer, grüne Inseln, Sonnenuntergang auf dem Wasser – kann das jemals langweilig werden?

Grinsend kommt der Captain am nächsten Morgen auf mich zu: „Ich erledige heute die Immigration für uns alle auf Sankt Vincent. Du kannst mitkommen und dir so lange was angucken. Das wird dir gefallen…“

UND WIE MIR DAS GEFÄLLT!!!!

Wir fahren nämlich nicht irgendwohin, sondern genau in die Bucht, in der damals das Set von Fluch der Karibik aufgebaut war. Die steile Felsklippe, an der Miss Swann hinab ins Wasser stürzt; der runde Felsvorsprung mit dem Loch in der Mitte, an dem die Piratenskelette zur Warnung hängen; der Steg von Port Royal, an den Captain Jack Sparrow am Anfang des Films mit sinkendem Boot ganz lässig anlegt – ALLES HIER!!! Genial! Noch einmal tauche ich in die Welt der Piraten ab und kann sowas von verstehen, warum Hollywood so einen Drehort gewählt hat: Es ist bombastisch schön hier!!!

St. Lucia

Unseren letzten Abend unterwegs auf See ankern wir vor der Insel St. Lucia. Beim Anstoßen an Bord fällt uns auf: Das Ufer ist in Sichtweite, das SUP startklar an Bord und wir haben schönstes Abendlicht zum Sonnenuntergang. Kurzentschlossen packen wir unsere Sachen und machen uns auf, denn wir wollen es uns nicht entgehen lassen, hier noch kurz an Land zu gehen…

Time to say goodbye

An unserem letzten Abend an Bord der IKIGAI geht nach Sonnenuntergang das schwarze Meer nahtlos in den schwarzen Himmel über. Weiße Wolken vor schwarzem Hintergrund. Sterne schimmern überall. Die Lichter an den Masten der umliegenden Boote leuchten wie große funkelnde Sterne, die sich in die unendliche Weite des Himmels mit einreihen. Wie fast jede Nacht weht eine leichte Brise und sorgt für angenehme Frische. Nie zu kalt.

Am nächsten Morgen wachen wir auf mit Blick in den Himmel. Wann immer es nicht regnete, haben wir nachts an Deck die frische Luft und nächtliche Stille genossen (wenn wir nicht gerade in einer Bucht ankerten, wo an Land auch Hühner und Hähne wohnten 😅).

Es ist ein Wahnsinnsgefühl morgens im Liegen an diesem riesigen Mast hinaufzuschauen.

Stärke, Höhe, Kraft. Super Energie für einen super Start in den neuen Tag.

Die ersten Sonnenstrahlen fallen auf das glitzernde Wasser. Manchmal ist ein kleiner Regenbogen zu sehen. Es gibt leckeren Kaffee aus der italienischen Kaffeemaschine. Umliegend sehen wir die Hügel der Insel. Einzelne Boote schmücken mit ihren Masten das Wasser der Bucht.

Guten Morgen in der Karibik – zum vorerst letzten Mal.

So viele Eindrücke, so viele Erlebnisse. Dabei befanden wir uns die meiste Zeit nur auf einem einzigen Boot. Doch die Karibik steckt voll von Überraschungen. Jede Bucht ist anders. Jede Insel ist anders. Sogar jedes Wasser. Inklusive der Tiere, die darin leben.

Hier gibt es noch soo viel mehr zu entdecken – Fortsetzung folgt, das steht jetzt schon fest.

Nach knapp zwei Wochen kommen wir anders in Martinique an, als wir losgefahren sind. Die Haare sind blonder von Salzwasser und Sonne. Bei DM kann man extra Salzspray für den besonderen Beach Hair Look kaufen. Hier gab’s den Look täglich gratis 😊

Wir fühlen uns entspannter, ausgeglichener, freudiger, erfüllter. War das die Wirkung des Wassers? Oder des Segelns? Oder die schönen Momente an den wundervollen Orten? Oder das alles?

Ein letzter Blick, ein letzter Gruß und Ciao, cari amici, bis zum nächsten Mal. Wir winken noch einmal aus der Luft, wischen die Abschiedstränen beiseite und freuen uns nun auf das grandiose Finale unserer langen Reise: New York!!!!


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